Im Dezember kündigte Usbekistan an, dass es ab 1. April diesen Jahres die Touristenvisa für 27 Länder abschaffen würde. Die Entscheidung sorgte für viel Medienecho, nur um kurze Zeit später um vier Jahre verzögert zu werden. Im Gespräch mit Sputnik Usbekistan erzählt ein Experte die Hintergründe dazu und was sich für den Tourismus in Usbekistan zukünftig ändern könnte.
Vor nicht allzu langer Zeit sorgte die Annulierung des Dekrets des Präsidenten Schawkat Mirsijojew, der eine Visafreiheit für Bürger aus 27 Ländern (darunter Deutschland, die Schweiz und Österreich) ab 1. April 2017 vorsah, für den Groll der Tourismusunternehmen. Die Branche rechnete bereits mit einer deutlichen Zunahme des Tourismus für dieses Jahr. Nun wurde die Visafreiheit um vier Jahre, auf den 1. Januar 2021 verzögert.
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Ein Mitglied des gesellschaftlichen Rates des Staatskomitees zur Tourismusentwicklung (Goskomtourizm auf russisch) beschreibt, was mit dem Dekret geschehen ist und wie sich der Tourismus in Usbekistan weiterentwickeln wird. Der gesellschaftliche Rat wurde eingerichtet, um die Probleme der Tourismusentwicklung offen zu diskutieren. Neben den Komiteesvorsitzenden besteht er aus Vertretern anderer Ministerien, Behörden und Organisationen, Unternehmern, Experten und Wissenschaftlern.
Sicherheit zuerst
Der Experte hebt hervor, dass die Entscheidung zur Verzögerung der Visafreiheit bis 2021 vor allem im Hinblick auf die Ereignisse in der Weltpolitik getroffen wurde:
„Leider ist es heute nirgendwo sicher, auch in Europa nicht. Viele Länder, für die die Visafreiheit gelten soll, ergreifen bereits verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Daher kam die Bemerkung auf, dass man vor der Öffnung die Frage der Sicherheitsgarantien nicht nur aus usbekischer Sicht, sondern auch aus der Sicht anderer Länder stellen muss“.
Wie er hinzufügt, müssen daher erst einmal bilaterale Abkommen zur Garantie der Sicherheit der Reisenden vom Ausreiseflughafen bis zum Ankunftsflughafen und in Usbekistan abgeschlossen werden. Die usbekische Regierung ist bereit, im Rahmen solcher Abkommen alles Nötige zu tun, um die Sicherheit der Touristen zu gewährleisten.
Mehr Fremdwährungen für die Hotels
Der Experte erwähnt auch, dass das staatliche Monopol auf den Verkauf von Fremdwährungen an die Hotels abgeschafft werden soll. Kunden sollen demnach künftig auch direkt in Fremdwährungen zahlen können. Mit den zusätzlichen Mitteln sollen die Hotels dann ihre Dienstleistungen verbessern und modernisieren.
„Früher haben die Hotels keine Fremdwährungen bekommen, weil alle Zahlungen für Zimmer und Service in Sum (die usbekische Währung) durchgeführt wurden. Jetzt können Hotels die Zahlungen in Fremdwährung und die entsprechenden Gewinne behalten, was zukünftige Investitionen in diesem Bereich stimulieren soll. Hotelketten sollen sich nicht nur in Samarkand und in Taschkent, sondern auch in anderen Städten entwickeln. Jede Region soll ihre Hotels haben. Leider gibt es sie bisher nur in den größten Städten“, so das Ratsmitglied.
Dementsprechend stehen die Fremdwährungen zukünftig zur freien Verfügung der Hotelbesitzer, die damit neue Infrastrukturen und Dienstleistungen erschaffen können und ihre Hotels internationalen Standards anpassen. Der Experte betont, dass all diese Pläne in Zusammenarbeit mit den Reiseagenturen durchgeführt werden müssen.
Entwicklung der „nationalen Marke“
Bei dem Gespräch erzählt der Experte auch von den Regeln zur Finanzierung der zukünftigen Tourismuspläne. Ein offizielles Dokument zu dem Thema ist momentan in der Bearbeitung. Demnach sollen die Hotels für jeden Kunden eine Gebühr von zwei Dollar an den Staat zahlen. Wozu?
„Die Regierung organisiert sehr viele Veranstaltungen im Ausland, darunter Messen, Ausstellungen, Festivals, runde Tische usw. Üblicherweise können usbekische Unternehmen ihre Dienstleistungen im Rahmen des nationalen Standes anbieten. Solche Ereignisse sind natürlich nicht kostenlos und sollen aus dem Fonds für die Tourismusentwicklung finanziert werden, der sich aus solchen Gebühren zusammensetzt.“
Die Mittel des Fonds sollen auch in weiteren Bereichen eingesetzt werden. Investoren brauchen zum Bau von Hotels zum Beispiel bestimmte Garantien. Der Tourismusfonds könnte zum Beispiel auch als Garant für touristische Baumaßnahmen eintreten und würde de facto auch als ein Bürgschaftsfonds arbeiten. Der Punkt wird aber noch besprochen, wie der Experte unterstreicht.
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Drittens erfordert auch die Werbung für Usbekistan als Reiseziel eine gewisse Summe. Diese Arbeit wird momentan leider nur von einzelnen Reisefirmen durchgeführt, laut dem Experten sollte die Werbung aber globaler und systematischer durchdacht werden. Die Marke „Usbekistan“ soll nicht nur als Reiseland auf der ehemaligen Seidenstraße angepriesen werden, sondern auch als Land, das sich aktiv entwickelt. Dafür braucht es ein Gesamtkonzept mit entsprechendem Budget. Die Gelder des Fonds sollen auch dafür dienen.
Eine Online-Datenbasis für den Tourismus
Und schließlich gibt der Experte die Erstellung eines neuen elektronischen Registrierungssystems für ausländische Touristen bekannt:
„Daran wird momentan sehr intensiv gearbeitet. Bis April soll ein einheitliches System erschaffen werden, welches die Daten aller Institutionen, Behörden und Unternehmen aus allen Bereichen, in denen einheimische Bürger und Reisende in Kontakt kommen, verknüpfen wird. Dieses System erleichtert die Arbeit [zur Tourismusentwicklung] und erlaubt die Erzeugung einer einheitlichen elektronischen Datenbasis zu Touristen. Ich denke, dass das online-System bis zum Ende des Jahres aktiviert wird, und alle Daten, die ausländische Touristen betreffen, beinhalten wird.“
Die Redaktion von Sputnik Usbekistan
Aus dem Russischen übersetzt von Sobira Majidowa