Seit dem 1. April verbietet die Zentralbank von Turkmenistan Abhebungen in Fremdwährung vorzunehmen. Auch ArbeitnehmerInnen, die in Fremdwährung bezahlt werden, müssen ihr Gehalt zum offiziellen Kurs in Manat abheben. Die Entscheidung wurde ohne Rücksprache mit ausländischen Unternehmen im Land getroffen.
Es ist nicht mehr möglich, in Turkmenistan Fremdwährungen zu bekommen. Laut dem unabhängigen turkmenischen Nachrichtenportal Turkmen.news müssen seit dem 1. April Löhne, die in Fremdwährung gezahlt werden, in der Landeswährung Manat abgehoben werden. Laut Radio Azatlyk, dem turkmenischen Dienst von Radio Free Europe, gilt dieses Verbot auch für diplomatische Vertretungen.
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Wie Turkmen.news berichtet, werden die Angestellten zwar weiterhin ihr Gehalt offiziell in US-Dollar beziehen können, jedoch werden sie nicht in der Lage sein, diese auch abzuheben. Nur der Turkmenische Manat, dessen Wechselkurs vom Staat auf 3,5 Manat pro 1 US-Dollar festgelegt wurde, ist in Banken verfügbar. Dieser Wechselkurs ist mehr als fünfmal niedriger ist als der inoffizielle Schwarzkurs, der derzeit bei 20 Manat pro US-Dollar liegt. Im Jahr 2019 schätzte der Wirtschaftsprofessor Steve Hanke von der amerikanischen Johns Hopkins University einen Unterschied von 429 Prozent zwischen dem offiziellen Wechselkurs des Manat und seinem Schwarzmarktpreis.
Eine Entscheidung ohne Rücksprache
Ein französischer Arbeitgeber bestätigte die Maßnahme gegenüber Novastan. Laut dieser Quelle, die anonym bleiben möchte, wird dieses Verbot für ausländische ArbeitnehmerInnen ein echtes Kaufkraftproblem darstellen. Die Entscheidung wurde ohne vorherige Absprache mit ausländischen Unternehmen vor Ort getroffen.
Nach Angaben von Turkmen.news können Gehälter auch auf eine Visa-Karte übertragen werden, die aber nur im Ausland verwendet werden kann. Angesichts der aktuellen Situation mit der Coronavirus-Pandemie ist dies allerdings unmöglich. Radio Azatlyk berichtete, dass sich am 1. April vor einigen Banken Warteschlangen bildeten, verbunden mit der Hoffnung, man könne die Löhne noch in US-Dollar bekommen.
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Das Verbot kommt wenige Wochen nach einer weiteren Verschärfung der Devisenkontrolle durch den turkmenischen Staat. Am 13. März gab die Nachrichtenagentur Reuters bekannt, dass die maximale Menge an Währungen, die Bürger kaufen dürfen, indem sie diese auf ihre Bankkarten einzahlen, von 500 Dollar auf 300 Dollar gesenkt wurde.
Eine Krise, die durch die Coronavirus-Pandemie verstärkt wird
Mit dem Verbot, Fremdwährung abzuheben, könnte der turkmenische Staat einen durch die seit 2015 anhaltenden Wirtschaftskrise verursachten Devisenmangel verbergen wollen. Die turkmenische Wirtschaft basiert weitgehend auf dem Verkauf von Öl und Gas. Durch den Rückgang sowohl der Exporte als auch der weltweiten Öl- und Gaspreise ist der wichtigste Wirtschaftszweig Turkmenistans in erhebliche Schwierigkeiten geraten.
Die Coronavirus-Krise setzte der turkmenischen Wirtschaft zusätzlich zu. Anfang März verringerte China, der Hauptabnehmer von turkmenischem Gas, seine Importe aufgrund der globalen Pandemie. Der Hauptkäufer PetroChina kündigte laut Angaben von Radio Azatlyk eine Verringerung der Gasimporte aus Turkmenistan an. Außerdem ist der Gaspreis, der weiterhin an den weltweiten Ölpreis gekoppelt ist, so niedrig wie seit dreißig Jahren nicht mehr.
Der Manat könnte abgewertet werden
Infolgedessen hat auch der Manat immer mehr an Wert verloren. Der Preis des US-Dollars auf dem Schwarzmarkt ist fünfmal höher als der staatlich festgelegte Wechselkurs. Bisher setzt Turkmenistan die Politik der Überbewertung fort, indem der offizielle Wechselkurs nicht an den Markt angepasst wird. Seit 2015 ist der Wechselkurs nun schon unverändert, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhalten.
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Aber diese Politik wird von internationalen Organisationen, allen voran vom Internationalen Währungsfonds, infrage gestellt. Dieser erklärte im November 2019, dass Turkmenistan durch den Versuch, die Außenbilanzen im Überschuss zu halten und den Wechselkurs der Landeswährung zu drücken, Risiken für das reale Wachstum der Wirtschaft schaffe.
Bereits im Februar 2020 berichtete Radio Azatlyk unter Verweis auf eine anonyme Quelle aus der Zentralbank, dass die Regierung erwäge, den aktuellen Wechselkurs dem Marktpreis anzugleichen, indem sie ihn zwischen 8 und 10 Manat pro US-Dollar festlegen wolle. Dies könnte zumindest die Auswirkungen des Verbots, Fremdwährungen abzuheben, leicht verringern.
Emma Collet, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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