Der derzeitige Entwurf eines Präsidialdekrets sieht vor, dass die Registrierung ausländischer Staatsangehöriger in Usbekistan bis Sommer 2020 aufgehoben wird. Dies ist eine von vielen Maßnahmen zur Reform des Tourismussektors in einem Land, das sich seit drei Jahren schrittweise öffnet.
Usbekistan plant, ab dem 1. Juli 2020 die Registrierung ausländischer Staatsangehöriger und Staatenloser, die sich weniger als 30 Tage im Land aufhalten, aufzuheben. Der Entwurf des Präsidialerlasses „Über zusätzliche Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der laufenden Reformen im Tourismussektor“ wurde im September dieses Jahres veröffentlicht. Das vom Staatsausschuss für die Entwicklung des Tourismus ausgearbeitete und vom stellvertretenden usbekischen Ministerpräsidenten Aziz Abduxakimov als „revolutionär“ bezeichnete Dokument steht noch bis zum 24. Dezember zur öffentlichen Diskussion.
Die Abschaffung der Registrierungspflicht für ausländische Staatsangehörige ist Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets zur Verbesserung der Bedingungen, die das Land für ausländische TouristInnen attraktiver machen sollen. Seit dem Ableben des ehemaligen Präsidenten Islom Karimov im Jahr 2016 hat die Öffnung des Landes neue Priorität erlangt.
Eine umfassende Reform
Dem Dekret zufolge müssen sich ausländische Staatsangehörige, die für einen Aufenthalt von weniger als 30 Tagen nach Usbekistan reisen, ab dem 1. Juli 2020 nicht mehr bei der Visa- und Registrierungsbehörde registrieren lassen. Bisher sind sie verpflichtet, dies entweder über die einladende Person bei Privat- und Geschäftsvisa oder über die Administration des Hotels oder Hostels bei touristischen Reisen zu tun.
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Die Kontrolle des Aufenthalts von ausländischen Staatsangehörigen wird allerdings nicht vollständig abgeschafft, sondern vereinfacht. Das Land plant, ab dem 1. Juli ein einheitliches System zur Erfassung der Aufenthaltssteuer (im Sinne einer Kurtaxe, Anm. d. Ü.) einzuführen und deren Zahlung durch nationale und internationale Zahlungssysteme zu vereinfachen. Wie Aziz Abduxakimov erläuterte, wird der Aufenthalt ausländischer Staatsangehöriger ab der Einreise nur durch die Überprüfung der Zahlung der Aufenthaltssteuer kontrolliert werden. „Wir wollen das alles auf das Grenzsystem übertragen. Du kommst an, überquerst die Grenze, und kannst dich bereits als registriert betrachten“, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident Usbekistans. Daher sollen alle Kontrollstellen mit einer Wechselstube ausgestattet werden, damit die Aufenthaltsgebühren dort direkt bezahlt werden können.
Eine umfassende Entwicklung des Tourismussektors
Der Präsidialerlass sieht einen Aktionsplan für 2020 vor, der nicht nur den Tourismussektor, sondern auch viele damit verbundene Branchen betrifft. Ab dem 1. Januar können ReiseführerInnen eine befristete Arbeitserlaubnis für Selbständige erhalten. Um eine neue Form des Tourismus zu entwickeln, sieht das Dekret die Schaffung von Expeditionsprogrammen in archäologischen Parks und temporären Sommerlagern vor. Es untersucht auch die Möglichkeit, den Tourismus auf dem Gebiet des Goldschürfens zu entwickeln. Das Land will sich darüber hinaus mit dem integrativen Tourismus befassen, indem es Vorkehrungen für den barrierefreien Zugang zu touristischen Orten, Bahnhöfen, Busbahnhöfen und Flughäfen schafft.
Des Weiteren werden erhebliche Anstrengungen im Bereich der Infrastruktur unternommen, insbesondere an Flughäfen, denen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Der Entwurf sieht vor, die Tarifbedingungen für inländische und ausländische Fluggesellschaften zu ändern, indem nichtdiskriminierende Tarifbedingungen für die Nutzung der Luftfahrtinfrastruktur gewährleistet werden. Internationale Flughäfen sollen zusätzliche Grundstücke erhalten, um bis Ende 2020 Parkplätze, Cafés, Restaurants, Hotels und andere Einrichtungen auf der Grundlage von öffentlich-privaten Partnerschaften zu schaffen. Die Eröffnung von Duty-Free-Geschäften auf internationalen Flughäfen ist bis Juli 2020 geplant.
Die Entwicklung des usbekischen Tourismus
Laut Aziz Abduxakimov zielt das Dekret darauf ab, die Zahl der BesucherInnen ab 2022 auf 10 Millionen pro Jahr zu erhöhen. Dies würde die Entstehung neuer Einkommensquellen für die Bevölkerung insbesondere in ländlichen, gebirgigen und abgelegenen Gebieten ermöglichen.
Der Tourismussektor ist seit drei Jahren im Aufwärtstrend: Im Jahr 2016 wurde die Zahl der TouristInnen auf 1,3 Millionen, im Jahr 2017 auf 2,7 Millionen und im Jahr 2018 bereits auf 5,4 Millionen geschätzt. Nach Angaben des stellvertretenden Premierministers werden 2019 zwischen 6,3 und 6,4 Millionen TouristInnen im Land erwartet.
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In den letzten Jahren hat Usbekistan zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um BesucherInnen die Reise zu erleichtern. Anfang 2018 hat das Land damit begonnen, die Visumpflicht für zahlreiche Staaten schrittweise abzuschaffen. So wurde im Februar 2019 Staatsangehörigen aus 45 Ländern ein visafreier Aufenthalt von bis zu 30 Tagen erlaubt; für deutsche Staatsangehörige gilt diese Regelung bereits seit Januar 2019.
Im Juli 2018 hat das zentralasiatische Land auch einen elektronischen Visaservice eingeführt, von dem heute die Staatsangehörigen von 77 Ländern profitieren. Nach Angaben des stellvertretenden Premierministers wird Usbekistan nach Georgien bald das Land mit dem zweitliberalsten Visaregime im postsowjetischen Raum sein.
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Darüber hinaus arbeitet der usbekische Staatsausschuss für Tourismus derzeit an der Schaffung eines Seidenstraßen-Visasystems für TouristInnen, die entlang der historischen Handelsroute reisen. Kasachstan, Kirgisistan und Aserbaidschan werden ebenfalls an dem Projekt teilnehmen.
Manon Mazuir, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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