Die Vereinten Nationen erklären den turkmenischen Staat verantwortlich für den Tod der Journalistin Ogulsapar Muradowa, die für eine lokale Ausgabe von Radio „Liberty“ in Ashgabat tätig war. Die 58-jährige Frau starb im Juli 2006 in einem turkmenischen Gefängnis. Den folgenden Artikel von Fergana News übersetzen wir mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Der UN-Ausschuss für Menschenrechte beschuldigt die turkmenischen Behörden der Ermordung von Ogulsapar Muradowa, einer Journalistin der Radiostation „Azatlyk“ (eine lokale Version von Radio „Liberty“). Dies wurde am 3. August 2018 auf der Website des Radiosenders gemeldet.
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Muradowa war nicht nur freie Schriftstellerin, sondern auch Mitbegründerin der turkmenischen Helsinki-Stiftung für Menschenrechte und Mitglied einer unabhängigen Menschenrechtsgruppe in Bulgarien. Im Juni 2006 wurde sie zusammen mit ihrem Bruder, Sapardurdy Hadschijew, und einem Mitarbeiter der Helsinki-Stiftung, Annakurban Amanklytschew, verhaftet. Die drei wurden ursprünglich der Spionage für ausländische Nachrichtendienste bezichtigt. Später lauteten die Anklagen auf „illegalen Erwerb, Besitz oder Verkauf von Munition oder Schusswaffen.“ Amanklytschews Familie behauptete später, dass die Strafverfolgungsbehörden Patronen in das Auto von Annakurban Amanklytschew deponiert hätten, um falsche Beweise zu schaffen. Amnesty International, Front Line, Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch erklärten die Anklagen alle für inszeniert. Einen Monat nach der Festnahme erfuhren die Verwandten, dass die Angeklagte Muradowa im Gefängnis verstorben ist.
Spuren von Folter im Gefängnis
Am Körper von Muradova wurden später Spuren der Folter gefunden. Auf ihrer Stirn wurde ein tiefer Schnitt festgestellt und an ihrem Hals fand man Prellungen, die auf eine Strangulation hindeuten. Auf ihrer Hand fand man außerdem drei offene Wunden, an ihrem Knie sah man Schwellungen und Hämatome und auf ihrem Oberschenkel gab ebenfalls Prellungen. Dennoch verkündeten die Behörden zunächst, dass Muradowa «aus natürlichen Gründen» gestorben sei. Später bezeichneten sie ihren Tod als Selbstmord.
Nun hat der UN-Menschenrechtsausschuss offiziell verkündet, dass Muradowa für ihre journalistische Tätigkeit und für ihr Menschenrechtsengagement in Haft kam und die Ursache für ihren Tod sowie die Folter nicht richtig durch die turkmenischen Behörden untersucht worden waren. Der Ausschuss fordert die turkmenischen Institutionen dazu auf, den Tod der Journalistin sorgfältig zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen, um die eigene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Zudem sollten den Angehörigen Entschädigungen ausgezahlt werden.
Die Situation der Angehörigen und Kollegen Muradowas
Der Bruder von Ogulsapar Muradowa und von Sapardurdy Hadschijew, Annadurdy Hadschijew, nannte die Entscheidung des Ausschusses „einen traurigen Sieg.“ Er sagte: „Gleichzeitig erinnert uns diese Entscheidung an die anderen Menschen, die nach massiver Folter in turkmenischen Gefängnissen gestorben sind und an diejenigen, die auf Grund von inszenierten Anklagen noch immer in Gefangenschaft sind. Leider ist der Fall meiner Schwester keine Ausnahme, sondern eine Verbildlichung der turkmenischen Realität.“
Sapardurdy Hadschijew und Annakurban Amanklytschew wurden 2013 freigelassen. Sie haben ihre Strafe vollständig verbüßt. Im Jahr 2015 hat der UN-Ausschuss für Menschenrechte Folterungsmaßnahmen an Hajiyev offiziell benannt. Die Behörden von Turkmenistan haben auf diese Entscheidung in keiner Weise reagiert.Der Bruder der ermordeten Menschenrechtsaktivistin, Annadurdy Hadschijew, ehemaliger Vorsitzender der Zentralbank von Turkmenistan, hat das Land im Jahr 2001 verlassen. Im Jahr 2002 wurde er auf Ersuchen der turkmenischen Behörden in Bulgarien verhaftet, die ihn der Unterschlagung beschuldigten. Im Jahr 2003 weigerten sich die bulgarischen Behörden Hadschijew auszuliefern und erkannten seine Verfolgung als politisch an. Im Jahr 2007 wurde der ehemalige Bankier jedoch erneut auf Wunsch von Turkmenistan verhaftet. Im Jahr 2008 wurde er gegen eine Kaution freigelassen.
2008 erklärte Annadurdy, dass die Haft von Sapardurdy und einer Reihe anderer Verwandter (sein Bruder Amandurdy Hadschijew, sein Schwager Serdar Begmedow) ein Versuch sei, Druck auf ihn auszuüben. Im Februar 2018 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Behörden Bulgariens dazu verpflichtet, eine Entschädigung an Annadurdy Hadschijews Tochter Dscheren zu zahlen. Durch die Inhaftierung ihrer Eltern verblieb die 14-Jährige zwei Wochen lang ohne elterliche Fürsorge.
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