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Die Wanderarbeiterinnen aus Usbekistan

Zweimal in der Woche fährt ein Zug aus Almaty in die Hauptstadt der usbekischen autonomen Republik Karakalpakistan. Seine Coupé-Wagons sind für illegale Wanderarbeiter aus Usbekistan eine Möglichkeit, wieder unbemerkt ins Land einzureisen.

dominikv 

Grenze Kasachstan Usbekistan
Grenze Kasachstan Usbekistan

Zweimal in der Woche fährt ein Zug aus Almaty in die Hauptstadt der usbekischen autonomen Republik Karakalpakistan. Seine Coupé-Wagons sind für illegale Wanderarbeiter aus Usbekistan eine Möglichkeit, wieder unbemerkt ins Land einzureisen.

Plötzlich sind die oberen Betten leer. Aus Coupé-Wagon nach Taschkent sind irgendwie sieben Passagiere verschwunden. Auch in meinem Wagon liegen die beiden Frauen nicht mehr in den oberen Betten. Eine von ihnen hatte einen grünen Pullover an und sich mir als Nargiza vorgestellt.

Die 67-Jährige war mit ihrer Tochter auf dem Weg nach Hause. In Almaty sind sie in den Coupé-Wagon eingestiegen, der sie nach Nukuz bringen sollte. Das ist ihre Heimatstadt, 1.947 Kilometer von Almaty entfernt. Nukuz ist die Hauptstadt der usbekischen autonomen Republik Karakalpakistan. Hier mündete einst der Armudarja in den Aralsee. Die Region leidet noch heute unter den ökologischen Folgen der sowjetischen Baumwollproduktion, die zu großen Bodenversalzungen und Dürre führte.

Nargizas Pullover ist auch aus Baumwolle. Sie spricht russisch und usbekisch mit ihrer 32-jährigen Tochter. Beide haben in Almaty für ein paar Monate gearbeitet. „Wir sind Schwarzarbeiter in einer Ziegelfabrik. Dort verdienen wir 200 Dollar im Monat. Außerdem bin ich bei reichen Kasachen putzen gegangen“, berichtet Nargiza und lächelt verlegen. Dabei blitzen ihre Goldzähne hervor.

Sie hat früher als Krankenschwester gearbeitet in einer Poliklinik und versucht von ihrer Rente, je nach Kurs ca. 100 Dollar, zu leben. „Ich habe sechs Kinder, die für mich sorgen. Aber es sind noch nicht alle aus dem Haus. Ich muss noch die Ausbildung für meinen jüngsten Sohn finanzieren. Für das College muss ich im Jahr 700 Dollar aufbringen“, erzählt sie. Früher hat sie als Krankenschwester in einer Klinik gearbeitet und ist eigentlich seit fünf Jahren im Ruhestand.

Erst vor Kurzem hat Präsident Islam Karimov die minimalste Pension auf 210 525 usbekische Som erhöht. Nach dem Devisenkurs vom Schwarzmarkt entspricht das ungefähr 68 Dollar. „Ich muss mir also irgendwo etwas dazuverdienen. Das billigste Brot kostet 650 Som.“, sagt Nargiza. 650 Som nach dem offiziellen Kurs 27 Dollar-Cents. Der Preis für das so genannte „soziale Brot“ steigt stetig. Anfang vergangenen Jahres kostete ein 600-Gramm-Laib noch 550 Som, berichtet das Nachrichtenportal „Regnum“.

„Wir arbeiten für ein paar Monate in Almaty und kehren dann zurück“, erzählt Narzia. Ihre rauen Hände sind Zeugen ihrer schweren Arbeit. Sie bricht sich mit ihren schwieligen Händen ein Stück Brot ab, das auf dem Tisch im Coupé-Abteil liegt. Für ihren Zuverdienst nimmt die 67-Jährige Frau nicht nur die harte Arbeit auf sich. Dazu gehört auch eine beschwerliche Rückreise nach Usbekistan, denn in der Ziegelfabrik hat sie illegal gearbeitet.

Kasachstan ist neben Russland das größte Ziel usbekischer Wanderarbeiter. Bhavar Dave ist Professorin an der Universität für Orient- und Asienstudien in London und ist Expertin auf dem Gebiet Arbeitsmigration in Zentralasien. Gegenüber dem „Radio Azzatyk“ erklärt sie, dass es ungefähr eine Millionen zentralasiatische Wanderarbeiter in Kasachstan gäbe. Davon würden sich allerdings nur 10 Prozent legal in Kasachstan aufhalten.

Kurz vor der usbekischen Grenze bleibt der Zug stehen. Das Licht geht an. Zwei Männer in Uniform fragen nach den Ausweisdokumenten und bekommen zwei Pässe – meinen und den meiner Mitfahrerin, einer Tatarin mit usbekischem Pass. Die beiden Reisenden nach Nukuz sind verschwunden.

Dominik Vorhölter
ifa-Redakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung
Almaty

 

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