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Was bremst die Entwicklung der „grünen“ Energie in Kasachstan?

Kasachstan hat sich hohe Ziele für seinen Anteil an erneuerbaren Energien im Energiemix gesetzt. Bis 2030 will man 30% erreichen bis 2050 sogar 50%, skandieren Schautafeln in Kasachstans Pavillon auf der EXPO in Astana. Noch ist man weit davon entfernt, und ein Konzept, wie man diese Fabelwerte erreichen will, ist nicht in Sicht. Folgender Kommentar erschien im russischen Original auf forbes.kz.

Zelinograd 25 Kasachstan Stepnogor Industrie

Kasachstan hat sich hohe Ziele für seinen Anteil an erneuerbaren Energien im Energiemix gesetzt. Bis 2030 will man 30% erreichen bis 2050 sogar 50%, skandieren Schautafeln in Kasachstans Pavillon auf der EXPO in Astana. Noch ist man weit davon entfernt, und ein Konzept, wie man diese Fabelwerte erreichen will, ist nicht in Sicht. Folgender Kommentar erschien im russischen Original auf forbes.kz.

Die Antwort auf die Frage, ob es eine Zukunft für die „neue“ Energie in Kasachstan gibt, lautet: Natürlich gibt es die, aber man weiß nicht, wann sie kommen wird.

Nach Angaben der Kazakhstan Electricity Grid Operating Company (KEGOC) liegt der Anteil der Windkraftanlagen und Solarkraftwerke in der Energieherstellung bei 0,4 Prozent. Mit anderen Worten: Die alternativen Quellen spielen fast keine Rolle im Energiemix.

Trübe Zukunft

Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Situation in der nahen Zukunft ändern wird. Laut einer Prognose des Energieministeriums wird 2023 der Anteil der erneuerbaren Energien in der Energieproduktion bei 4,94 Prozent liegen. Einerseits wird also der Anteil mehr als zehnmal höher sein, andererseits wird er sowieso insgesamt sehr niedrig sein.

So lag etwa der Anteil der erneuerbaren Energien im letzten Jahr in Deutschland bei 32 Prozent (www.e-institut.ru, „Elektroenergetik Deutschlands – Hauptergebnisse 2016). Außerdem soll – in Übereinstimmung mit dem deutschen Gesetz über die erneuerbaren Energiequellen – bis zum Jahr 2050 mindestens 80 Prozent der deutschen Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Und noch ein Vergleich: der Anteil der Energie, die aus Kohle gewonnen wird, liegt bei 43,3 Prozent in Deutschland und bei 79,4 Prozent in Kasachstan.

Motto und Realität

Natürlich kann man sagen: Was für einen Deutschen gut ist, ist für einen Kasachstaner der Tod. Und im Allgemeinen kann man so verschiedene Länder nicht vergleichen. Allerdings hat Kasachstan selbst das Wirtschaftsforum in Astana «Neue Energie – neue Wirtschaft» genannt und die EXPO 2017 läuft unter dem Motto “future energy“.

Die Erfahrung zeigt dennoch, dass ein Motto nur ein Motto ist und die Realität oft anders aussieht. Die größten Kraftwerke Kasachstans sind schon in der Sowjetunion in Betrieb gegangen. Das heißt, dass die Kosten für den Bau schon amortisiert sind. Was die neuen Werke und Anlangen angeht, führen die Finanzierungskosten und Finanzierungszeiträume zu einer beträchtlichen Verteuerung der Energie. Gerade deshalb muss man für das Wasserkraftwerk Moinak einen Sondertarif anwenden; der Bau des Kraftwerks in Balchasch wurde angehalten.

Lest auch auf Novastan: Zentralasien inszeniert sich auf der EXPO

Damit sich eine „neue“ Energie entwickelt, muss sich der Staat um die Subventionslast kümmern, ebenso wie in Deutschland. Allerdings scheint das bei der aktuellen Wirtschaftslage nicht möglich zu sein. Nun gilt es abzuwarten, bis die Finanzierung billiger und der Tilgungszeitraum länger wird. Das könnte günstigere Bedingungen für die Entwicklung der erneuerbaren Energien schaffen.

forbes.kz

Aus dem Russischen von Martine Noussan

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Kommentieren (1)

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Georg Tramburg, 2017-10-23

Hallo, liebe Novastaner.
Ich hab mich sehr gefreut, dass ich eure Webseite entdeckt habe. Ihr sprecht viele interessante Themen an. Die Auswahl ist erfrischend ausgewogen und beleuchtet immer auch beide Seiten. Das ist sehr schön. Ich bin seit mehreren Jahren mit der Region sehr verbunden. Zentralasien ist für mich hochspannend.
Zu Kasachstan kann ich sagen, dass Kohle immer noch der günstigste Energieträger für das Land ist und als Steinkohle größtenteils recht günstig im Tagebau abgebaut wird. Das ist auch der Grund warum der Anteil an erneuerbaren Energien so gering ist. Kegok, der landesweite Stromnetzbetreiber, kann dafür nicht wirklich verantwortlich macht werden. Obwohl natürlich die Infrastruktur für erneuerbare Energien, wie Smart Grids und Stromspeicher, derzeit noch fehlen.
Man sollte die Frage nach dem Warum jedoch tiefen betrachten und die wirtschaftlichen Ursachen untersuchen. Die Frage könnte lauten: Was müsste man tun, um das wirtschaftliche Gefüge so zu verändern, dass sich erneuerbare Energien quasi aus sich selbst heraus entwickeln. Das ist ein Thema von dem man auch in Europa noch etwas lernen kann?
Kasachstan ist ein Flächenland, das fast 3-mal so groß ist wie Mitteleuropa aber nur 10% seiner Einwohner hat. Die Industrie ist im Wesentlichen auf die Rohstoffgewinnung fokussiert und steht Aufgrund eines fehlenden Zugangs zum Meer unter erhöhtem Kostendruck. Aktuelle Strategien sind deshalb alle auf Veredelung der Rohstoffe gerichtet, um den Transportkostenanteil zu verringern und somit wettbewerbsfähig zu bleiben. Das erfordert jedoch viel Energie und die muss deshalb günstig verfügbar sein.
Aus diesem Grunde spielen im Grunde nicht die erneuerbaren Energien, sondern Energieeffizienz und Emissionsschutz eine zunehmende Rolle in der Wirtschaft. Ich glaube auch, dass das derzeit der realistischere Weg ist, über Energieeffizienz und Emissionsschutz nachzudenken als nur die Kohle zu „verteufeln“. Im Übrigen handelt es sich um sehr hochwertige Steinkohle, mit hohen Brennwerten und relativ geringen Emissionswerten verfügbar ist. Die Voraussetzungen für evolutionäre Verbesserungsstrategien sind deshalb nicht schlecht und man muss nicht sofort „radikalverzichten“. Außerdem solange das BIP nur ca. 1/5 im Vergleich zu Mitteleuropa ist, ist auch das wirtschaftliche Gefüge nicht tragfähig um nachhaltig erneuerbare Energien zu entwickeln. Die Vision für neue Energien sind da aber die tragfähigen makroökonomischen Konzepte fehlen noch. Deshalb ist eine gesamtökonomische Betrachtung erforderlich, die unterschiedliche Interessen ausbalanciert.

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