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Der usbekische Stress-Test

Danijar Kosnasarow ist Mitgründer des kasachischen Zentrums für China- und Zentralasienstudien „Synopsis“. Während in Usbekistan nach dem Tod des ersten Präsidenten Islam Karimow Anfang September vor einer neuen politische Ära steht, bietet er uns in seinem Kommentar eine kasachische Perspektive auf den südlichen Nachbar.

Usbekistan Politics

Danijar Kosnasarow ist Mitgründer des kasachischen Zentrums für China- und Zentralasienstudien „Synopsis“. Während in Usbekistan nach dem Tod des ersten Präsidenten Islam Karimow Anfang September vor einer neuen politische Ära steht, bietet er uns in seinem Kommentar eine kasachische Perspektive auf den südlichen Nachbar.

Alle zentralasiatischen Staaten möchten gute Beziehungen zu Usbekistan. Die Nachbarländer wollen die nach dem Tod des ersten usbekischen Präsidenten Islam Karimow einmalig eingetretene Gelegenheit nutzen, die Beziehungen auf Null zu setzen oder zumindest unerwartete Wendungen vermeiden.

Für Tadschikistan bietet sich zum Beispiel erstmals die Möglichkeit, einige schmerzhaften Probleme in den Beziehungen mit Usbekistan neu zu behandeln. Für andere Länder, wie Russland und China, geht es weniger um einen Neustart, als um die Garantie, dass die Partnerschaft zu Usbekistan wie zuvor weitergeführt werden kann. Wobei sie langfristig wohl auch nichts gegen eine Orientierung des neuen Präsidenten in ihre Richtung einzuwenden hätten.

Die Weiterführung einer „karimowschen“ Außenpolitik

Es ist nicht zu erwarten, dass Usbekistan bald der Organisations des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) beitreten wird oder sein Veto gegen den Aufbau einer freien Wirtschaftszone der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) zurückziehen wird (was jeweils eine Orientierung gen Russland oder China bedeuten würde, Anm. d. Red.). Wahrscheinlich wäre eine klare Orientierung Usbekistans nach Moskau oder Peking zuerst nicht im Interesse der zwei Großmächte, da es die Beziehungen zwischen ihnen Gefärden könnte. Eine Außenpolitik im „karimowschen“ Stil wäre kurz- und mittelfristig wohl am wichtigsten für Russland und China.

In der Region hat man sich bereits sehr an das außenpolitische Verhalten von Usbekistan angepasst. Ein plötzlicher Kurswechsel würde niemandem in die Karten spielen. Die letzten Reden usbekischer Politiker zeigen, dass das Land im Prinzip bereit ist, weiter die Rolle eines von allen distanzierten Partners zu spielen.

Kasachstan auf Tuchfühlung mit Usbekistan

Kasachstan hat bereits zur Förderung der Partnerschaft eine Wirtschaftsdelegation nach Taschkent geschickt. Die Wirtschaftsinteressen können nicht warten, bis das usbekische Volk einen neuen Präsidenten gewählt hat, da für die Nachbarn die Verbesserung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen eine hohe Priorität einnehmen. Das spricht dafür, dass sich die usbekisch-kasachischen Beziehungen unabhängig von der Konjunktur auf dem alten Sockel entwickeln.

Andererseits möchte Astana auch die Gelegenheit des Machtwechsels nutzen. Der neue Präsident wird die Unterstützung und Legitimierung anderer Länder suchen und könnte sich erst mal kompromissbereiter zeigen. Indem sie zeigen, dass man an der Beziehung arbeiten muss, scheinen beide Länder dabei eine gewohnte Beziehungsebene zu suchen. Astana zeigt sich sicher, dass keine Schocks zu erwarten sind und dass die nachbarlichen Beziehungen wie zuvor weitergeführt werden können.

Das bedeutet am ehesten, dass ein Konsens innerhalb der usbekischen Elite gefunden wurde und dass den internationalen Partnern gewisse Garantien gegeben wurden, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt. Durch seine frühen Besuche zeigt Astana, dass es keine Unterbrechung in den Beziehungen gibt und es nicht auf eine Klärung der Machtfrage in Taschkent wartet.

Die Kontinuität zuerst

Demnach ist der erste Stress-Test bestanden. Es ist wahrscheinlich, dass die Beziehungen Usbekistans zu seinen Nachbarstaaten auch nach den Wahlen wie zuvor weitergeführt werden. Das wünschen auch Taschkents Partner. Weder Russland, noch China, noch die zentralasiatischen Staaten sind an einer innenpolitischen Instabilität in einem der Länder der Region interessiert. Es ist wichtig, dass von Usbekistan so wenig Risiken, wie möglich ausgehen. Auch die weitere Beteiligung Usbekistans an der Terrorismusbekämpfung und der Verhinderung anderer destruktiver Tendenzen, die zum Teil aus Afghanistan kommen, ist wichtig für die Region.

Die regionalen Partner Usbekistans würden eine destabilisierung des Landes durch intraelitäre Konflikte kaum erlauben. Das politische Establishment in Taschkent ist relativ erfahren und kennt die „roten Linien“, die nicht überschritten werden sollten. Wahrscheinlich wird ein neues Gleichgewicht in der usbekischen Politik in den kommenden Jahren bestimmte Änderungen mit sich bringen. bis dahin wird Usbekistan seine internationalen Pflichten weiter erfüllen und die gemeinsamen Bedrohungen bekämpfen. Starke Kritik oder Feindschaft der regionalen Mächte ist nicht zu erwarten.

Stattdessen werden von dem neuen Präsidenten Usbekistans auch interessante und frische Ansätze erwartet, um regionale Probleme zu behandeln, insbesondere Streitigkeiten um Wasser, Grenzen und den regionalen Transport.

Eine russische Version des Artikels ist auf dem kasachischen Internetportal vlast.kz zu lesen.

Danijar Kosnasarow

 Aus dem russischen übersetzt von Florian Coppenrath

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