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Alexei Leontjewitsch Benois: Ein Architekt mit französischen Wurzeln in Zentralasien

Alexei Benois ließ sich 1874 als russischer Architekt französischer Abstammung in Taschkent nieder. Mittlerweile ist sein architektonisches Werk fester Bestandteil des usbekischen Kulturerbes.

Alexei Benois ließ sich 1874 als russischer Architekt französischer Abstammung in Taschkent nieder. Mittlerweile ist sein architektonisches Werk fester Bestandteil des usbekischen Kulturerbes.

Der 1838 in Sankt Petersburg geborene Alexei Leontjewitsch Benois entstammt der russischen Künstlerfamilie der Benois, die auf den Großvater von Alexei, auf Louis-Jules Benois zurückgeht. Dieser gelangte 1794 in Folge der Französischen Revolution an den Hof des Zaren Paul I. Wie schon vor ihm sein Onkel Nicolas Benois, wurde Alexei Architekt. Die Gebäude, die er im 19. und 20. Jahrhundert entwarf, prägen noch heute das Bild verschiedener usbekischer Städte, darunter auch der Hauptstadt Taschkent.

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Nachdem Alexei Benois 1865 sein Studium an der Kaiserlichen Kunstakademie in Sankt Petersburg abgeschlossen hatte, erhielt er von Zar Alexander II. die Erlaubnis, im damaligen russischen Generalgouvernement Turkestan als Architekt zu arbeiten. Am 20. Juni 1874 wurde er durch ein Dekret dem Generalgouverneur in Taschkent unterstellt.

Zentralasien als Spielball der Großmächte

In der Mitte des 19. Jahrhunderts entbrannte zwischen Russland und Großbritannien ein geopolitischer Konflikt um die Vorherrschaft in Zentralasien. Dieser Konflikt wird in der Geschichtswissenschaft als ‚Das Große Spiel‘ bezeichnet. Russland versuchte, sich die Bodenschätze Zentralasiens zu sichern und einen Zugang zum Indischen Ozean zu gewinnen. Die russische Expansion in Zentralasien begann 1852 und kulminierte in der Annexion des Khanats von Kokand.

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Das Generalgouvernement von Turkestan wurde im Jahr 1867 gegründet. In den Verwaltungsbereich des Generalgouvernements fielen die Oblaste Syr-Darja und Semirjetschje. Alexei Benois begann seine Tätigkeit als Architekt in Turkestan zunächst in Taschkent, der Hauptstadt des Oblast Syr-Darja, mit der Mission, den kolonialen Herrschaftsanspruch Russlands zu untermauern.

Alexei Benois Hauptwerke

Unter Benois Bauwerken in Taschkent sind vor allem der Palast des Großfürsten Nikolai Konstantinowitsch Romanow sowie die lutherische Kirche im neogotischen Stil zu nennen. Der Palast wird heutzutage vom usbekischen Außenministerium als Empfangsgebäude genutzt. Neben der lutherischen Kirche in Taschkent war Benois bei einer Reihe weiterer Kirchen in verschiedenen Dörfern des Oblasts Syr-Darja federführend.

Lutherische Kirche im neogothischen Stil, entworfen von Alexei Benois

Spuren von Benois Arbeit finden sich ebenfalls im Süden Kasachstans in Almaty, dem damaligen Werny. Neben Arbeiten, die allgemein der Entwicklung der jungen Stadt dienten, war der Architekt laut der russischen Webseite Nasledie für den Entwurf eines Parks, den Bau mehrere Kirchen und einer Schule verantwortlich.

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Nicht weniger wichtig war seine Arbeit am Palast des Emirs von Buchara in Kogon. Fertiggestellt wurde er unter der Regentschaft von Said Abd al-Ahad Khan (1859-1911), der zu der Dynastie der Mangiten, der letzten Herrscherdynastie des Khanats von Buchara, gehörte. Nachdem das Emirat im 19. Jahrhundert unter die Herrschaft des Russischen Kaiserreichs geraten war, wurde es 1920 von den Bolschewiki zerschlagen.

Alexeis Benois Nachleben

In Europa ist Alexei Benois kaum bekannt. Im Gebiet des damaligen Turkistans hat er aber ein bemerkenswertes architektonisches Erbe hinterlassen, das die Größe des russischen Imperiums bezeugen sollte.

Palast des Emirs von Buchara

Viele seiner Bauwerke sind heute aus Mangel an Renovierungsarbeiten vom Zerfall bedroht. Die Webseite Briefe aus Taschkent stellte 2009 fest, dass die Schäden am Palast des Emirs von Buchara irreversibel zu werden drohen. Die Seite forderte, bisher vergeblich, die Aufnahme dieser „Perle russischer Architektur“ in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Die usbekische Regierung hat inzwischen begonnen, sich damit auseinanderzusetzen: 2018 unterzeichnete das Staatsoberhaupt ein Dekret, dass es ausländischen Investoren erlaubt, ein Nutzungsrecht für das kulturelle Erbe des Landes zu erhalten.

Léo Friedrich für Novastan France

Aus dem Französischen von Lucas Kühne

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