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Kasachstans Industriestädte leiden unter außerordentlicher Luftverschmutzung

In Industriestädten wie Atyraý oder Temirtaý leidet die Bevölkerung unter der Luftverschmutzung. Das Thema nimmt zunehmend Raum in der öffentlichen Debatte ein.

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Übersetzt von: Robin Roth

Original (21. April 2023)

Luftverschmutzung
Kasachstans Städte leiden unter Luftverschmutzung (Symbolbild), Photo : Michael Pointner / Pixabay.

In Industriestädten wie Atyraý oder Temirtaý leidet die Bevölkerung unter der Luftverschmutzung. Das Thema nimmt zunehmend Raum in der öffentlichen Debatte ein.

Atyraý überschreitet die Grenzwerte um ein Vielfaches. In der im Westen Kasachstans gelegenen Stadt haben die Behörden zwischen dem 6. und 7. April einen zu hohen Gehalt an Schwefelwasserstoff festgestellt, berichtet die Agentur Kazinform. Der Schadstoffwert war mehr als 20-mal höher als der übliche Schwefelwasserstoffgehalt in der Luft – und das in mehreren Stadtteilen.

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Smog ist während der Heizperiode im Winter für die größeren Städte Zentralasiens prägend. Dass der Smog im April nach Atyraý zurückkehrte, erklärten die Behörden zunächst damit, dass dies auf Schilfbrände an der Küste des Kaspischen Meeres zurückzuführen sei. Aber wie Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst von Radio Free Europe, mit Verweis auf das Umweltministerium berichtet, stehe die kritische Situation in Atyraý aber auch im Zusammenhang mit Industrieunternehmen.

Das kasachstanische Nachrichtenportal Vlast berichtet, dass laut einem vom Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen vorgelegten Umweltüberwachungsbericht sieben weitere Städte „mit einem hohen Maß an Luftverschmutzung“ identifiziert wurden.

Die Last der Industriestädte

Tatsächlich sind Astana, Almaty, Qaraģandy, Temirtaý, Aqtóbe, Balqash und Óskemen Stammgäste im Ranking der giftigsten Städte, allerdings nicht aus denselben Gründen. In Astana und Almaty sind Autoverkehr und Heizkraftwerke die Hauptverursacher, erklärt Fergana News. Das Volumen der Emissionen belief sich 2022 auf 54.000 Tonnen in Astana und 37.000 Tonnen in Almaty. In Kasachstans südlicher Metropole sind 97 Prozent davon auf Heizkraftwerke zurückzuführen.

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In Städten, die auf Bergbau und industrielle Produktion ausgerichtet sind, stammt der Großteil der Emissionen von Industrieunternehmen. In Temirtaý, im vergangenen Jahr mit 231.000 Tonnen Spitzenreiter in Bezug auf atmosphärische Emissionen, stammen 87 Prozent aus dem ArcelorMittal-Werk in der Stadt, der Rest von anderen metallurgischen Unternehmen.

Óskemen ist die am zweitstärksten verschmutzte Stadt mit 44.000 Tonnen Emissionen. Diese stammen im Wesentlichen von der Titanfabrik, dem Hüttenkomplex und dem Wärmekraftwerk.

Ölhauptstadt Atyraý

Das Gebiet Atyraý ist die wichtigste kohlenwasserstoffproduzierende Region des Landes. Aus ihr stammen mehr als die Hälfte des 2021 im Land geförderten Rohöls und fast die Hälfte des Erdgases. Aufgrund ihrer intensiven Ölförderung erhielt die Stadt, die seit Jahren für ihre Umweltprobleme bekannt ist, den Beinamen „Ölhauptstadt“. Neben Emissionen und dem Rauch von Bränden gehört vor allem auch die Verschmutzung des Flusses Ural zu den Hauptproblemen. Zudem mangelt es in der Stadt und in der gesamten Region an Trinkwasser und Infrastruktur.

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Diese Probleme treten auch in anderen Industriestädten Kasachstans auf. Im Jahr 2022 wurden acht Fälle von starker Schwefelwasserstoffbelastung registriert, deren Ursachen nach Angaben des Umweltministeriums Kanalnetze, Kläranlagen, Pumpwerke und Schlamm waren.

„Das Recht auf saubere Luft“

Industrielle Umweltverschmutzung nimmt in der öffentlichen Debatte eine immer wichtigere Rolle ein. Die alarmierende Situation löste eine stärkere Reaktion der Zivilgesellschaft aus. Am 9. April wurde im Stadtzentrum von Atyraý ein Marsch organisiert, berichtetet das kasachstanische Nachrichtenportal Orda.

			

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Die Demonstrierenden forderten von der Regierung mehr Initiativen zur Verbesserung der Ökologie. Arman Haırullin, Umwelt-Aktivist und Organisator der Demonstration, erklärte gegenüber der lokalen Nachrichtenseite Ak Jaıyq: „Wir fordern unser Recht – das Recht auf saubere Luft.“

Emma Collet, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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