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Turkmenistan zieht Profit aus der Internetzensur

Das Internet in Turkmenistan ist erneut von massiven Blockaden betroffen. Waren derlei Kampagnen in der Vergangenheit Teil eines politischen Imperativs, so steckt dieses Mal ein anderes Ziel dahinter: individueller Profit.

Internet Symbolbild
In Turkmenistan schlagen Beamte Profit aus Internetzensur (Illustrationsbild, Darwin Laganzon/ Pixabay)

Das Internet in Turkmenistan ist erneut von massiven Blockaden betroffen. Waren derlei Kampagnen in der Vergangenheit Teil eines politischen Imperativs, so steckt dieses Mal ein anderes Ziel dahinter: individueller Profit.

Seit Anfang Juli wurde das Internet in Turkmenistan von einer neuen Serie von Sperrungen heimgesucht. Wie das in den Niederlanden ansässige unabhängige Medium Turkmen.news berichtet, sind große Teile des Internets für die Nutzer in Turkmenistan unzugänglich geworden. Die Behörden haben mehrere große digitale Subnetze mit jeweils mehr als 65.000 IP-Adressen auf ihre schwarzen Listen gesetzt.

Digitale Zensur ist nichts Neues in dem am stärksten abgeschotteten Land Zentralasiens. Soziale Netzwerke, unabhängige Medien und Oppositionsplattformen sind seit mehreren Jahren unzugänglich. Doch diesmal soll die Einschränkung des Internetzugangs weniger der Informationskontrolle dienen, als vielmehr Einnahmen für die mit der Cybersicherheit betrauten Beamten generieren, enthüllt Turkmen.news.

Zensur als Geschäftsstrategie

Lokale Quellen und Experten, die von diesem unabhängigen Medium befragt wurden, erklären, dass die neuen Beschränkungen einer Logik des persönlichen Profits folgen. Agenten des nationalen Cybersicherheitsdienstes würden zuerst gezielt ganze Internetsegmente blockieren und dann den Nutzern kostenpflichtige Lösungen anbieten, um die Verbote zu umgehen.

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Zu diesen Lösungen gehören personalisierte OpenVPN-Lizenzen, die bei 1.000 Manat (ca. 50 Euro) pro Monat anfangen. Es ist auch möglich, für 2.000 Manat (ca. 100 Euro) pro Monat einen Platz auf den „weißen Listen“ zu erwerben – diese bieten einen Zugang zu normalerweise gesperrten Seiten.

Wenn man bedenkt, dass der Durchschnittslohn in Turkmenistan 60 Dollar (ca. 52 Euro) beträgt, sind diese Preise exorbitant hoch, weshalb nur die Elite sich den Zugang zum gesamten Internet leisten kann. In der Vergangenheit schaltete die Regierung bei wichtigen Ereignissen oft das Internet ab, beispielsweise bei der Einweihung der Stadt Arkadag im Jahr 2023 oder bei politisch heiklen Ereignissen wie einer Explosion in einem Lagerhaus in der Nähe von Aschgabat im Juli 2011, bei der offiziell 15 Menschen starben. Mittlerweile erwägen die Behörden nicht mal mehr öffentliche Rechtfertigungen für die Internetbeschränkungen.

Desaströse Folgen für Cybersicherheit und Wirtschaft

Diese neue, aus Profitgründen inszenierte, Einschränkung des Internets schwächt die Cybersicherheit des Landes erheblich. Aufgrund der hohen Preise für offizielle VPNs – einschließlich solcher, die die neuesten Antiviren-Updates wie Bitdefender oder einige Google-Dienste bereitstellen – müssen die Bürger auf nicht zertifizierte VPNs zurückgreifen, die häufig über informelle Kanäle bereitgestellt werden. Diese Tools setzen ihre Daten und Geräte einem erhöhten Risiko von Angriffen aus.

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Auf wirtschaftlicher Ebene sind die Folgen ebenso gravierend. Laut dem turkmenischen Online-Medium Progres.Online kosten die häufigen Kürzungen und Einschränkungen die turkmenische Wirtschaft jedes Jahr etwa 348.000 US-Dollar (ca. 300.000 Euro) pro Tag oder fast 127 Millionen US-Dollar (ca. 110 Millionen Euro). Ein Preis, den Aschgabat für die Kontrolle seiner Bevölkerung dennoch zu zahlen bereit ist.

Evan Chaisson für Novastan

Aus dem Französischen von Arthur Siavash Klischat

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