Turkmenistan, das geschlossenste Land Zentralasiens, organisiert mit den Asiatischen Hallenspielen, kurz Asiaden, sein größtes internationales Ereignis seit der Unabhängigkeit.
Sportvideos auf den weißen Wänden riesiger Hochhäuser, gefilmt von Dronen der letzten Generation und von klassischer Musik begleitet. Was ein Promovideo für die olympischen Spiele 2024 in Paris sein könnte zeigt aber Aschgabat, die turkmenische Hauptstadt.
Vom 17. zum 27. September empfängt die Stadt die fünfte Ausgabe der Asiaden, einer Art kleiner Ausgabe der olympischen Spiele. Dieser Wettbewerb wird seit 2005 alle zwei Jahre vom Olympischen Rat von Asien organisiert. In der diesjährigen Auflage stehen sich Delegationen aus über 65 Ländern in klassischen (Tennis, Schwimmen, Radfahren und verschiedene Kampfsportarten) und ausgefalleneren (E-sport, Schach) Disziplinen gegenüber. Erstmals nehmen auch 19 Delegationen aus Ozeanien teil, darunter Australien, Neuseeland und Polynesien.
Ein Großereignis für Turkmenistan
Dieses in Europa relativ unbekannte Sportereignis, kurz „Aschgabat 2017“ genannt, ist für Turkmenistan, das meist nur wenige Besucher zulässt, ein historisches Ereignis. Seine Öffentlichkeitsarbeit auf sozialen Medien misst sich an der der letzten olympischen Spiele. Im Land wird das Ereignis auch mit stark verstärkten Sicherheitsvorkehrungen begleitet.
Lest auch bei Novastan: Turkmenistan mit weltweit größter Pferdeskulptur
Turkmenistan setzt sich in Szene. Beinahe seit dem Amtsantritt des aktuellen Präsidenten Gurbanguly Berdimuchammedow Ende 2006 bereitet sich das Land mit außergewöhnlichen Maßnahmen auf sein größtes internationales Ereignis vor. Knapp eine Woche vor der Eröffnung wurden sogar neue Geldscheine mit Motiven der Asiaden in Umlauf gebracht.
Eine „scheinende Stadt für den Sport“
Auf der Facebook-Seite von Aschgabat 2017 sticht ein Promovideo heraus: Tänzerinnen und Tänzer in traditionellen Kostümen tanzen lächelnd vor dem unbenutzt scheinenden neuen Flughafen von Aschgabat. Der Flughafen, dessen Kosten auf mehr als zwei Milliarden US-Dollar geschätzt werden, wurde dieses Jahr eröffnet. Er versinkt bereits im Sand, wie Azatlyk, die turkmenische Redaktion von Radio Free Europe, berichtete.
Bei einem Flughafen für die Asiaden ist es nicht geblieben. Die turkmenischen Behörden haben auch zahlreiche brandneue Infrastrukturelemente wie eine Einschienenbahn in der Hauptstadt gebaut. Die Gesamtkosten, so die französischen Presseagentur AFP, liegen bei mehr als fünf Milliarden US-Dollar, die Turkmenistan mit Kandidaturen für andere Sportereignisse wie den olympischen Spielen amortisieren möchte.
Die „scheinende weiße Stadt für den Sport“, wie die offizielle Webseite der Asiaden die neuen Bauten nennt, wurde nach massiven Enteignungen der Lokalbevölkerung erbaut. Anhand von Satellitenbildern schätzt Amnesty International die Zahl der Betroffenen auf 50 000.
Sorgen von NGOs
Dabei hatte der Präsident Berdimuchammedow 2012 noch erklärt, dass „komfortable Wohnungen für die Turkmenen eine Priorität der Politik Turkmenistans“ sei. Auch die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisiert das Sportereignis, das „wie ein Ausnahmezustand“ gehalten wird. „Das Schweigen des asiatischen olympischen Rats zu den Menschenrechtsverletzungen in Turkmenistan ist ohrenbetäubend“, so Rachel Denber, Vizedirektorin für Europa und Zentralasien bei HRW. „Das Komitee hat die Einhaltung der Ideale der olympischen Charta vollkommen verfehlt.“
Am 17. September begannen die Spiele trotz Vorbehalte mit einer pompösen Eröffnungszeremonie. Viele Ausländische Staatsgäste wurden dabei empfangen, wie die Präsidenten Kasachstans, Tadschikistans und Usbekistans. Unter den zentralasiatischen Staatschefs blieb einzig der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew aus. Er zog es vor, im Vorfeld der UNO-Generalversammlung nach New York zu fliegen.
Clara Marchaud
Aus dem Französischen von Florian Coppenrath
Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen, schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.