Die jüngsten Parlamentswahlen in Tadschikistan sorgen aufgrund der Abwesenheit internationaler Beobachtung und einer glaubwürdigen Opposition für Kontroverse. Die Wahlen, die die Regierungspartei deutlich gewann, verstärkten abermals die Bedenken über den Zustand der Demokratie in der Präsidialrepublik.
Am 19. März hielt das neue tadschikische Parlament seine erste Sitzung in Duschanbe ab. Präsident Emomali Rahmon rief die gewählten Abgeordneten dazu auf, sich für die Entwicklung des Landes einzusetzen, so berichtet das tadschikische Medium Asia-Plus. Das Parlament wählte den Abgeordneten des Rajons Rascht Fajsali Idisoda, zum Präsidenten des Unterhauses. Dieser trat damit die Nachfolge von Machmadtoir Sokirsoda an. Die Eröffnungssitzung markiert den offiziellen Beginn der parlamentarischen Arbeit für die kommenden Jahre in einem komplexen politischen Umfeld.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Laut den von der Zentralen Wahlkommission bekannt gegebenen Ergebnissen kam die Volksdemokratische Partei Tadschikistans (VDPT) bei den Wahlen am 2. März auf 51,9 Prozent der Stimmen und erhielt damit 12 Sitze im Parlament. Die verbleibenden Sitze gingen an die Agrarpartei (21 Prozent), die Partei für Wirtschaftsreformen (12,7 Prozent) die Sozialistische Partei (5,3 Prozent) und die Demokratische Partei (5,1 Prozent). Die Kommunistische Partei verpasste mit nur 1,9 Prozent der Stimmen den Einzug ins Parlament, berichtet Asia-Plus.
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Die offizielle Wahlbeteiligung wurde mit 85,3 Prozent angegeben – eine hohe Quote, die jedoch angesichts von Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses umstritten ist. Internationale Beobachter:innen äußerten sich besorgt über das Fehlen einer organisierten Opposition, die eine ernstzunehmende Alternative zu den Machthabern bieten könnte.
Wahlen ohne internationale Beobachtung
Diese Parlamentswahlen fanden in völliger Abwesenheit unabhängiger internationaler Beobachtung statt. Ende Februar hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ihre Wahlbeobachtungsmission abgesagt, nachdem sich die tadschikischen Behörden geweigert hatten, ausreichende Garantien für die Akkreditierung ihrer Beobachter:innen zu geben. Dies wurde weithin kritisiert, insbesondere von dem US-amerikanischen Medium The Diplomat, das darin einen erheblichen Rückschlag für die Transparenz der Wahlen sieht.
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Darüber hinaus hatte die Zentrale Wahlkommission auch die Aktivitäten der unabhängigen nationalen und internationalen Medien stark eingeschränkt. Lokale Medien, darunter Asia-Plus und Radio Osodi – der tadschikische Ableger des US-Medienunternehmens Radio Free Europe -, waren davon besonders betroffen. Sie wurden an einer freien Berichterstattung über die Wahlen gehindert, was große Besorgnis über die Fairness des Wahlprozesses hervorrief.
Diese Medienrestriktionen wurden als ein weiteres Zeichen für die verschärfte politische Kontrolle durch die tadschikischen Behörden gewertet.
Ohne Opposition in einer angespannten politischen Lage
Die Wahlen waren bereits aufgrund des Fehlens einer echten Opposition umstritten. Radio Osodi wies darauf hin, dass die wichtigste historische Oppositionspartei, die Islamische Partei der Wiedergeburt, seit 2015 verboten ist und folglich von den Wahlen ausgeschlossen war. Die Sozialdemokratische Partei, die letzte noch existierende legale Oppositionspartei, hatte sich ihrerseits dazu entschieden, keine Kandidat:innen aufzustellen. De facto ließ diese Situation das Feld völlig frei für die VDPT und ihre politischen Verbündeten, wie Asia-Plus feststellt.
Darüber hinaus bleibt das politische Klima im Land nach jüngsten Ereignissen angespannt. der Oberste Gerichtshof hatte harte Urteile in medienwirksamen Fällen ausgesprochen, in denen Persönlichkeiten, insbesondere Politiker, aber auch Journalisten, des versuchten Staatsstreichs beschuldigt wurden. Einige Analyst:innen sehen diese Verurteilungen als Teil einer umfassenderen Strategie, jeglichen Widerstand im Keim zu ersticken.
Angesichts der fehlenden strukturierten Opposition, der Abschaffung der OSZE-Beobachtungsmission und der Einschränkungen für unabhängige Medien unterstreichen diese Parlamentswahlen die anhaltende demokratische Fragilität Tadschikistans, wie The Diplomat betont.
Nine Apperry für Novastan
Aus dem Französichen von Arthur Siavash Klischat
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