Dieses Jahr feiert Turkmenistan nicht nur das „Jahr des Friedens“, sondern auch sein 30-jähriges Jubiläum als „neutraler Staat“. Zu diesem Anlass sprach Novastan mit Maral Rahymova, einer Diplomatin der Botschaft Turkmenistans in Brüssel. Die im Interview dargestellten Ansichten spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung von Novastan e.V. oder der deutschen Redaktion wider und wir weisen darauf hin, dass diese Darstellung nicht alle Aspekte der politischen und menschenrechtlichen Situation im Land berücksichtigt.
In Brüssel traf Novastan die Diplomatin Maral Rahymova. Sie ist zweite Sekretärin der turkmenischen Botschaft und hat sich bereit erklärt, unsere Fragen zu beantworten.
Novastan: Können Sie uns erklären, welche Bedeutung die Feierlichkeiten zum „Jahr des Friedens“ in Turkmenistan haben?
Maral Rahymowa: 2025 feiert Turkmenistan den 30. Jahrestag seines Status als permanenter neutraler Staat. Ein Schritt, der mit dem „Internationalen Jahr des Friedens und Vertrauens“ zusammenfällt, einer weltweiten Initiative, der sich das Land angeschlossen hat. Diese miteinander verbundenen Ereignisse markieren ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des Landes und unterstreichen die Beiträge Turkmenistans zur internationalen Diplomatie, zum Frieden und zur Entwicklung.
Was bedeutet die dauerhafte Neutralität des Landes?
Die Neutralität Turkmenistans wurde am 12. Dezember 1995 offiziell anerkannt, als die Generalversammlung der Vereinten Nationen einstimmig eine Resolution verabschiedete, die dem Land den Status der Neutralität zuerkannte. Alle 185 damaligen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen unterstützten diese historische Entscheidung.
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Die Neutralität wurde zum Eckpfeiler Außenpolitik Turkmenistans, formte die internationalen Verpflichtungen und positionierte die Nation als zuverlässigen Partner, der sich für den Frieden einsetzt. Neben einem nationalen Gedenktag – dem Tag der Neutralität – am 12. Dezember ist Turkmenistans Engagement für die Neutralität mittlerweile auch international anerkannt.
Im Februar 2017 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf Vorschlag Turkmenistans eine Resolution, die den 12. Dezember zum „Internationalen Tag der Neutralität“ erklärte.
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Das Bekenntnis des Landes zur Neutralität erstreckt sich bis in die Sicherheits- und Militärpolitik. Die Militärdoktrin Turkmenistans ist ausschließlich auf Verteidigung ausgerichtet. Einzige Aufgabe der Streitkräfte ist, die nationale Souveränität zu schützen. Die Weigerung, Militärbündnissen oder -blöcken beizutreten, hat Turkmenistan vor regionalen Konflikten geschützt und es dem Land ermöglicht, sich ohne externe Bindungen auf die Stärkung seiner Verteidigung zu konzentrieren. Dieser Ansatz hat Turkmenistan den Ruf eingebracht, in einer geopolitisch komplexen Region stabil zu sein.
Wie haben Turkmenistans Neutralitätspolitik und der Fokus auf präventive Diplomatie die Friedenskonsolidierung in der Region vorangebracht und internationale Anerkennung gefunden?
Turkmenistans Engagement für die Neutralität hat das Land als Hauptakteur bei der Friedenskonsolidierung in der Region positioniert. Seine Zusammenarbeit mit dem 2007 in Aschgabat eingerichteten Regionalzentrum der Vereinten Nationen für Präventivdiplomatie in Zentralasien ist ein Beispiel für diesen proaktiven Ansatz.
Die Neutralität Turkmenistans hat auch eine kulturelle und philosophische Dimension: Sie fördert eine tolerante und nicht-konfrontative Geisteshaltung innerhalb der Bevölkerung. Diese Weltanschauung kommt auch in der aktiven Teilnahme der Nation an regionalen Friedensinitiativen zum Vorschein.
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Turkmenistan spielte eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung im Tadschikischen Bürgerkrieg. Darüber hinaus unterstützte das Land 1999 bis 2000 die Bemühungen der Vereinten Nationen um eine Lösung der Afghanistankrise. Dieser Fokus auf präventiver Diplomatie hallt weiterhin in der Arbeit des UN-Regionalzentrums für präventive Diplomatie in Zentralasien wider.
Dank der effektiven Bemühungen ebendieses Zentrums und der proaktiven Diplomatie Turkmenistans verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24. Oktober 2024 eine historische Resolution, in der Zentralasien als eine Zone des Friedens, des Vertrauens und der Freundschaft figurierte.
Was plant Turkmenistan für dieses „Jahr des Friedens“, das es mitausgerufen hat?
Das internationale Jahr unterstreicht die Vernetzung von Frieden, Vertrauen und nachhaltiger Entwicklung – eine Beziehung, die im Mittelpunkt des Ansatzes der globalen Diplomatie Turkmenistans steht.
Ungleichheit – sei es in wirtschaftlicher, sozialer oder politischer Hinsicht – tritt häufig als Folge von Konflikten, Misstrauen und Marginalisierung auf. Die Initiative 2025 unterstreicht, dass ein dauerhafter Frieden mehr erfordert als nur die Abwesenheit von Konflikten; er erfordert ein proaktives und kollektives Engagement, um Ungleichheiten anzugehen und Chancengleichheit fördern.
Was sind die Hauptziele Turkmenistans bei seiner Initiative, den Frieden als dynamischen und inklusiven Prozess zu fördern?
Um in dem dynamischen Prozess voranzukommen, der für einen echten Frieden erforderlich ist, schlägt die Initiative dreierlei Hauptziele vor.
Zuvorderst ist da die Förderung der präventiven Diplomatie. Die Nationen sollen ermutigt werden, dialogbasierte Mechanismen zur Konfliktprävention und -lösung einzuführen. Daran anschließend müssen wir das Vertrauen zwischen den Staaten stärken. Dies geschieht durch gegenseitigen Respekt und gemeinsame Verpflichtungen. Zuletzt müssen wir nachhaltige Entwicklung fördern, indem wir hervorheben, dass Frieden eine Voraussetzung für wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit ist.
Derya Soysal für Novastan
Aus dem Französischen von Arthur Siavash Klischat
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