Mit „Zentralasien durch die Linse von…“ präsentiert Novastan zentralasiatische Fotografinnen und Fotografen und ihre Arbeit.
Der tatarisch-kirgisische Fotojournalist Danil Usmanov lebt und fotografiert in Kirgistan. Er arbeitet als freier Journalist für verschiedene zentralasiatische und internationale Medien, seine Fotos wurden unter anderem im Guardian, der russischen Zeitung “Novaya Gazeta” oder dem deutschen Magazin “Der Spiegel” veröffentlicht. Mit seiner Arbeit thematisiert er auch unbequeme Themen und macht sich damit nicht nur Freunde in seinem Heimatland, wie er im Interview erzählt.
Name: Danil Usmanov
Alter: 24
Heimatstadt und -land: Bischkek, Kirgistan
Nationalität und Staatsangehörigkeit: Tatarisch, Kirgisisch
Novastan: Warum hast du dich für Fotografie als dein Medium entschieden?
Danil Usmanov: Ich bin seit meiner Kindheit an Fotografie interessiert. Mein Bruder gab mir ein altes Fonex-Telefon, das auch fotografieren konnte, mit auf ein Sportlager. Dort habe ich mich aus Langeweile intensiv mit dem Gerät befasst und angefangen, alles Mögliche aufzunehmen. Die Verwandlung vom Telefon in einen Fotoapparat hat mich fasziniert. Die Qualität war natürlich grausam, aber es gab viele Einstellungen, die ich nicht richtig verstand. Das hat mein Interesse geweckt. Am Ende des Lagers fragte mich ein Trainer, was ich denn werden wolle und ich antwortete direkt: „Fotograf“. Damals war ich 14.
Ich begann, viele technische Foren über Fotografie zu lesen, mich in das Thema zu vertiefen. Einmal wurde ich auf einem Leichtathletik-Wettbewerb beauftragt, zu fotografieren und experimentierte direkt mit der Kamera. Ich war beeindruckt von den Fotojournalisten, die manchmal zu solchen Sportereignissen kamen, oft mit mehreren Kameras. Ich wollte so werden wie sie.
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Ich suchte mir einen Mentor, der mir die Kunst des Fotografierens beibringen könnte. Erst nach dem vierten Mentor verstand ich, dass mich Fotojournalismus besonders interessiert. Die Bilder von Wladimir Pirogov in der Tageszeitung Vetscherniy Bischkek führten mich dorthin. Die besondere Herangehensweise von Fotojournalisten und die Exklusivität ihrer Bilder zog mich an. Zum Fotojournalismus gehört auch ein gewisses Risiko, denn man kann die Fotos nicht stellen, man hat nur eine Chance, ein Bild zu erfassen. Anders als bei Texten, kann man nach dem Fotografieren nichts mehr viel an der Arbeit ändern, dadurch wirkt es leichter. Bei Videos muss man hingegen noch viel Arbeit in den Schnitt stecken. Wladimir nahm mich 2013 als Praktikant bei der Zeitung auf, letztendlich arbeitete ich bis 2016 dort. So begann meine Karriere in der Branche.
Wie reagieren Menschen in deinem Heimatland auf deine Fotos?
In meinem Land ist es nicht üblich über Probleme zu reden. Als ich zum Beispiel meine Fotostory „Night Shift“ veröffentlichte, über illegale Nachtarbeit und das Problem der Arbeitslosigkeit, schrieben Leute, dass es so etwas nicht gibt. Ein Nutzer kontaktierte mich sogar per Facebook und bestand darauf, dass ich auch Bilder unserer schönen Berge in die Reihe mit aufnehme. In einem Artikel dazu wurde sogar geschrieben, ich solle als Volksfeind erhängt werden. Daraufhin wurde ich aus Vetschernyi Bischkek entlassen.
Was ist dein derzeitiges oder nächstes Projekt?
Ich arbeite gerade noch an einem Projekt zu der Islamisierung im Süden Kirgistans, ich muss noch das Konzept zu der Reihe ausarbeiten. Mein nächstes Projekt wird sich auf jeden Fall auch um den Süden des Landes drehen. Dort gibt es eine besonders hohe Bevölkerungsdichte, die der Region eine gewisse Intensität verleiht.
Welches Foto, das du selbst geschossen hast, magst du am liebsten?
Ich habe kein Lieblingsfoto, aber manche meiner Fotoserien mag ich besonders. Diese schaue ich mir immer wieder gerne durch. Dazu gehören eine Reihe über Murghob in Tadschikistan, die Reihe über Islamisierung (hier in dem Artikel), “Night Shift”, und meine Fotoreportagen über die Präsidentschaftswahl 2017, über ein erdrutschgefärdetes Dorf und über den Kampf gegen Alkoholkonsum in Arawan, in der Nähe von Osch. Auf diese Arbeiten bin ich besonders stolz.
Womit verbringst du deine Zeit neben der Fotografie?
Ehrlich gesagt schlafe ich meist lange, wenn ich nicht fotografiere, treffe mich abends mit Freunden. Ich denke viel über meine aktuellen Projekte nach. Aber allmählich habe ich schon zu viel von dem Lebensstil und möchte mich wieder etwas mehr in nicht-kommerziellen Fotoprojekten engagieren. Ich habe auch angefangen, mich für Analogfotografie zu interessieren und experimentiere im Moment damit.
Wir zeigen eine Auswahl von Fotos von Danil Usmanov aus seiner Reihe über Islamisierung in Kirgistan und die Organisation Mutakalim, eine muslimische Frauenrechtsgruppe. Für mehr Bilder besucht seine Website oder folgt ihm auf Instagram: @usmanovdanil
Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Einfluss der Religion in Kirgistan wieder stärker, viele Menschen suchten nach einer Möglichkeit, sich mit etwas zu identifizieren. Die Macht der Moscheen wuchs seither – im Parlament beispielsweise gibt es heute einen Gebetsraum. Einige der muslimischen Bewegungen in Kirgistan sind gemäßigt, andere radikaler. Als der Konflikt in Syrien ausbrach, zogen 600 kirgisische Staatsbürger aus, um sich dem IS anzuschließen. Danil Usmanov porträtiert Kirigisinnen aus der Organisation Mutakalim.
Interview und Übersetzung ins Deutsche: Annkatrin Müller
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