Die zweite Edition der Weltnomadenspiele wurde vom 3. bis 8. September in der Stadt Tscholponata ausgetragen, die am Nordufer des Issyk-Kul See gelegen ist. Wenngleich dieses Projekt ein bemerkenswertes Ausmaß im Vergleich zu den letzten Spielen in 2014 angenommen hat, bleibt seine weitere Entwicklung zu diesem Zeitpunkt ungewiss.
Die ersten Weltnomadenspiele waren vom kirgisischen Präsidenten Almasbek Atambajew anlässlich des Gipfels der turksprachigen Länder in Bischkek 2012 angekündigt worden. Diese Initiative war von den Präsidenten Kasachstans, Aserbaidschans und der Türkei unterstützt worden und die erste Auflage fand 2014 in Kirgistan statt. Laut den Organisatoren wurden diese Spiele als ethno-sportliches Äquivalent der Olympischen Spiele konzipiert, um der Welt die Großartigkeit der Nomadenkultur zu zeigen, den Wert, die Kultur und das Leben jeder ethnischen Gruppe der Nomaden zu demonstrieren sowie es zu ermöglichen, die Nomadensportarten in ihrer Originalform zu erleben.
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Diese Absicht wurde für die zweiten Weltnomadenspiele, welche vom vergangenen 3. bis 8. September stattfanden, aufrechterhalten. Das Projekt zielt darauf ab, eine globale Plattform zur Verstärkung der Integration und der Einheit der Länder mit einer Nomadentradition zu werden sowie der Entwicklung der entsprechenden Kulturen einen maßgeblichen Antrieb zu geben.
Die Nomadenspiele, Erfolgsstory für die Kirgisen?
Die Weltnomadenspiele haben eine bemerkenswerte Entwicklung seit der ersten Auflage von 2014 erlebt. Das Ausmaß dieser Veranstaltung lässt sich leicht an den teilnehmenden Ländern messen: 1000 Athleten aus 63 Ländern trafen sich dieses Jahr – im Vergleich zu lediglich 19 Ländern beim vorherigen Mal. Insgesamt wurden 23 verschiedene Sportarten in diesem Wettbewerb ausgetragen. Dank der Erfahrung von 2014 hatten die Organisatoren mehr Zeit für die Vorbereitung der neuen Edition.
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Diese erste Septemberwoche erlaubte es Kirgistan – ein Land, das sonst nur wenig mediale Aufmerksamkeit bekommt – die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zu ziehen. Dieses Ereignis wurde von den meisten großen internationalen Medien gezeigt; so z.B. von Euronews, Al Jazeera, Russia Today, CBS, TRT World, CCTV, CCK News, Deutsche Welle oder The Guardian. Der Umzug der teilnehmenden Mannschaften wurde vom amerikanischen Schauspieler Steven Seagal geleitet, der speziell zu den Spielen eingeladen wurde.
Kirgistan der große Sieger
Das Nationalteam Kirgistans hat mit 79 Medaillen (25 Gold-, 25 Silber- und 29 Bronzemedaillen) mit Abstand den ersten Platz im Länderranking eingenommen. Der zweite Platz mit 15 Goldmedaillen ging an Turkmenistan, gefolgt von Kasachstan mit 12 Medaillen. Der vierte und fünfte Platz wurden von Russland und Aserbaidschan eingenommen. Die Athleten aus Ländern der Europäischen Union (Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei) gewannen insgesamt 17 Medaillen.
Das Ethno-Dorf, am Rande der Spiele in der Schlucht von Kyrchyn errichtet, präsentierte sich dieses Jahr mit 288 Jurten ebenfalls in größerem Maße. Die Teilnehmer des großen Lagers, welches darauf abzielt, die Öffentlichkeit mit den Bräuchen und Traditionen des kirgisischen Volkes vertraut zu machen, kamen aus 7 Regionen (Oblasten) Kirgistans sowie aus der Hauptstadt Bischkek. Ein umfangreiches Kulturprogramm, bestehend aus artistischen Performances – Folkloremusik in der Gruppe oder Solo – sowie Bogensportarten, machten einen starken Eindruck auf die Zuschauer. 40 000 Besucher wurden auf dem Gelände von Kyrchyn gezählt.
Die Frage der Finanzierung
Wie in 2014 lösten die Spiele viel Kritik aus, insbesondere hinsichtlich der Finanzierung. Starke Skepsis wurde bezüglich der Zweckmäßigkeit dieser Spiele in einem komplizierten sozialen und budgetären Kontext sowie konfrontiert mit Problemen in den Bereichen Bildung und Gesundheit zum Ausdruck gebracht. Gleichzeitig hat Kirgistan einen Berg von wachsenden Staatsschulden, der dieses Jahr eine Rekordzahl von 4 Milliarden 72 Millionen Dollar erreicht haben.
Nichtsdestotrotz gab der Staat laut dem Finanzminister 320 Milliarden Som (umgerechnet ca. 4,76 Milliarden Dollar) aus, während das bewilligte Budget der ersten Nomadenspiele 1,5 Millionen Dollar betrug; eine bereits sehr beträchtliche Summe für Kirgistan. Allein die Eröffnungsfeier soll 1,5 Millionen Dollar gekostet haben.
Die Hauptinvestition stellte die Rekonstruktion des Hippodroms von Tscholponata für 246 Millionen Som (3,6 Millionen Dollar) dar. Die Bauarbeiten des Hipprodroms wurden unter Konsultation der französischen Baugesellschaft „Gregori International“ realisiert. Die französischen Unternehmer waren überrascht von den Kosten dieses modernen Hippodroms, welches zehnmal kleiner von der Größe her ist, als gleichartige Gebäude in Europa.
Hinsichtlich der Rentabilität teilte das nationale Institut für strategische Studien der Kirgisischen Republik mit, dass die investierte Summe in 10-15 Jahren zurückerlangt werden können. Das interessanteste Projekt im Sinne des Nutzeffektes könnte die Einsetzung eines Pariser Systems sein. In der Zukunft könnte das Hippodrom abgesehen von Sportveranstaltungen auch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte aufnehmen.
Der Großteil der Investitionen wurde nichtsdestotrotz durch Subventionen getragen. Nach vorläufigen Angaben betrug die Bürgschaft ungefähr 3 Millionen Dollar. Der Hauptsponsor dieses Events war die Gesellschaft Megacom, eine der größten Mobiltelefongesellschaften des Landes. Ebenfalls Gesellschaften aus dem Ausland investierten in die Spiele, so z.B. das russische Energieunternehmen Gazprom – insbesondere durch die Errichtung eines modernen Sport- und Gesundheitszentrums in Tscholponata. Bedauerlicherweise war dieses Gebäude, welches Kampfsportarten aufnahm, mit seinen 700 Sitzen für eine Veranstaltung dieses Ausmaßes nicht geräumig genug.
Die Auswahl des Gastlandes, ein unklares Verfahren
Die nächsten Nomadenspiele sollen 2018 stattfinden, gemäß dem Prinzip der zweijährigen Organisation, welches während der Gründung der Spiele beschlossen wurde. Dennoch bleibt der nächste Austragungsort ungewiss. Wenngleich 2014 beschlossen worden war, dass die Spiele der Reihe nach in den verschiedenen Ländern der turksprachigen Mitglieder des Kooperationsrates stattfinden sollen, sah die Realität anders aus.
Laut dem ehemaligen stellvertretenden Generalsekretär des türkischen Rats, Adahan Madumarov, hätten die Spiele dieses Jahr in der Türkei stattfinden sollen. Für die dritte Auflage war Aserbaidschan vorgesehen, die darauffolgende in Kasachstan. Kirgistan hat einseitig beschlossen, die Spiele erneut zu beherbergen und faktisch diese Regelung für nichtig erklärt. Somit ist es momentan unmöglich, eine Prognose für den Austragungsort der nächsten Spiele abzugeben; bis heute wurde keine Erklärung hierzu abgegeben.
Ein Zeichen der Hoffnung für Kirgistan?
Beobachtern zufolge stellen die sehr enthusiastischen Kommentare der ausländischen Besucher vor der Eröffnung der Nomadenspiele ein exzellentes Beispiel dafür dar, dass Kirgistan versucht, ein neues Kapitel in seiner Geschichte aufzuschlagen, indem es versucht, sich von dem Bild eines von zwei Revolutionen hinterlassenen instabilen Landes abzusondern.
Eröffnen die Weltnomadenspiele neue ökonomische und soziale Möglichkeiten für das Land? Neben dem direkten Nutzen werden die Möglichkeiten der Organisation großer Sportveranstaltungen sichtbar sowie der Beweis, dass Kirgistan in der Lage ist, ein globales Ereignis auszurichten. Die Spiele erfolgen im Rahmen eines sehr spürbaren Anstiegs des Tourismus: tatsächlich ist Kirgistan laut des World Travel & Tourism Councils eines der Länder, wo der Tourismus langfristig am schnellsten wächst. Die Verbesserung der Infrastruktur und die fortlaufende Werbung der Spiele begleiten zweifellos diese Tendenz.
Alina Ugaï, Redakteurin von Novastan.org
Redigiert von Bertrand Gouarné
Übersetzt von Agnes Lüdicke