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Korruption, Geldwäsche und ein Mord: schwerfällige Ermittlungen zu Skandal in Kirgistan

Durch ein komplexes Korruptions- und Schmuggelsystem sollen 700 Millionen US-Dollar Kirgistan auf illegalen Wegen verlassen haben. Der in Kirgistan für seinen ungewöhnlichen Reichtum bekannte ehemalige hochrangige Zollbeamte Raimbek Matraimow soll einer der wichtigsten Nutznießer des Systems gewesen sein. Der Mann, der die Dokumente für die Untersuchung des Falls geliefert hat, wurde am 10. November in Istanbul ermordet. Der skandalöse Fall könnte ein politischer Wendepunkt für das Land sein.

Die Redaktion 

Ein Rechercheverbund aus Azattyk, OCCRP und Kloop hat einen Geldwäsche- und Korruptionsskandal in Kirgistan aufgedeckt
Ein Rechercheverbund aus Azattyk, OCCRP und Kloop hat einen Geldwäsche- und Korruptionsskandal in Kirgistan aufgedeckt

Durch ein komplexes Korruptions- und Schmuggelsystem sollen 700 Millionen US-Dollar Kirgistan auf illegalen Wegen verlassen haben. Der in Kirgistan für seinen ungewöhnlichen Reichtum bekannte ehemalige hochrangige Zollbeamte Raimbek Matraimow soll einer der wichtigsten Nutznießer des Systems gewesen sein. Der Mann, der die Dokumente für die Untersuchung des Falls geliefert hat, wurde am 10. November in Istanbul ermordet. Der skandalöse Fall könnte ein politischer Wendepunkt für das Land sein.

Es ist einer der größten Skandale in der jüngeren Vergangenheit, den ein Rechercheverbund aus Azattyk (der kirgisische Ableger von Radio Free Europe), Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und dem kirgisischen Nachrichtenportal Kloop.kg aufgedeckt hat. Eine gemeinsame Recherche ergab, dass in den letzten Jahren 700 Millionen US-Dollar illegal außer Landes geschafft wurden. Die Untersuchung basiert auf den Enthüllungen von Ayerken Saimaiti, einem zuletzt in der Türkei lebenden Uiguren, der die Geldwäsche mitorganisiert hat. Er wurde am 10. November in einem Café in Istanbul ermordet.

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Über 20 JournalistInnen haben monatelang zu diesem Fall recherchiert. Die Ergebnisse wurden auf Kirgisisch, Russisch und Englisch unter dem Titel „Plünderung und Patronage im Herzen Zentralasiens“ veröffentlicht. Aufgrund der zahlreichen Drohungen, die JournalistInnen erhalten haben, und angesichts der Ermordung des wichtigsten Informanten, erscheinen die Namen der JournalistInnen nicht in den Artikeln.

Ein weit verzweigter Fall

Der Fall ist weit verzweigt und offenbart die zahlreichen Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft sowie Korruptions- und Geldwäschesystemen in Zentralasien. Im Mittelpunkt des Skandals stehen die Aktivitäten des uigurischen Multimillionärs Khabibula Abdukadyr und seiner Familie, die im Import und Export chinesischer Produkte nach Zentralasien und anderen Staaten der ehemaligen UdSSR aktiv ist. Die JournalistInnen haben enge Verbindungen zwischen ihm und dem ehemaligen Vizepräsidenten der Zollverwaltung Raimbek Matraimow sowie kirgisischen PolitikerInnen offengelegt.

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Die Recherche legt die Strategien offen, mit denen sich das Unternehmen von Abdykadyr und seiner Familie entwickelte. Dabei kooperierte es insbesondere mit dem kirgisischen Zoll, den Matraimow jahrelang kontrollierte. Nach Angaben der JournalistInnen wurden die 700 Millionen Dollar diskret in ein Dutzend Länder transferiert. Dies geschah über ein System aus Barzahlungen und Überweisungen zwischen Personen und Unternehmen, die von Abdukadyr und seiner Familie kontrolliert werden. Ein Teil lief etwa über Darlehensverträge mit von Abdukadyr kontrollierten Firmen in Deutschland, wie von Saimaiti eingereichte Originaldokumente illustrieren.

Bereits im Juni dieses Jahres hatte derselbe Rechercheverbund das Korruptionssystem aufgedeckt. Wichtigster Informant war der nun ermordete Ayerken Saimaiti, ein Vermittler, der die Finanzgeschäfte durchführte. Er stand seit Anfang 2019 in Kontakt mit den JournalistInnen und reichte trotz der Drohungen seiner ehemaligen Geschäftspartner weiter Dokumente ein, die seine Aussagen belegen und den Fall näher beleuchten sollten. Zum Zeitpunkt seines Ermordung stand noch die Übergabe von Dokumenten aus, die die Beteiligung von Matraimows Stiftung am Geldwäscheschema weiter belegen sollten.

Reaktionen aus der Präsidialverwaltung

In Kirgisistan gab es zahlreiche Reaktionen auf die Ergebnisse der Recherche, insbesondere seitens der Präsidialverwaltung. Zu den veröffentlichten Dokumenten gehörten Fotos, die die Familie des uigurischen Multimillionärs Abdukadyr bei der Amtseinführung des kirgisischen Präsidenten Sooronbaj Dscheenbekow zeigen.

Tolgonaj Stamalijewa, Pressesprecherin des Präsidenten, erklärte zu den Ergebnissen der Recherche, dass Präsident Dscheenbekow und sein Amtsvorgänger Almasbek Atambajew im Jahr 2017 mit Abdukadyr zusammenkamen. 2012 trafen sich die beiden Politiker mit dessen jüngerem Bruder in Osch, der zweitgrößten Stadt des Landes. Der derzeitige Präsident war damals Gouverneur der Region Osch.

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Die Pressesprecherin des Präsidenten behauptete, dass die Entwicklung der Beziehungen zwischen Abdukadyr und Atambajew dem derzeitigen Präsidenten nicht bekannt sei. Ihr zufolge würden immer noch viele Kräfte diese journalistische Untersuchung nutzen wollen, um den Präsidenten mit diesen Kreisen in Verbindung zu bringen, obwohl es nie gemeinsame kommerzielle Projekte zwischen ihnen gegeben habe.

Des Weiteren erklärte Stamalijewa, dass das Foto, das Abdukadyr bei der Amtseinführung Dscheenbekows zeigt, nichts zu sagen habe. Der Apparat des scheidenden Präsidenten Atambajew sei für die Einladungsliste und Sitzverteilung verantwortlich gewesen.

Raimbek Matraimow auf der Flucht?

Die kirgisische Justiz will die veröffentlichten Dokumente nun für ihre Ermittlungen nutzen. Wie eine Zusammenstellung von Kloop zeigt, ist in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #Raimgate die Meinung vorherrschend, dass dies nicht ausreichend sei, da die kirgisische Zollbehörde versuche, die Anschuldigungen abzustreiten und die Beweise anzuzweifeln. In Sozialen Medien verbreiten sich Aufrufe zu einem friedlichen Protest am kommenden Montag im Zentrum Bischkeks.

Reaktsia Protest Bischkek
Aufruf zur „friedlichen Aktion gegen Korruption und Diebstahl“ am 25. November in Bischkek

Nach Angaben der kirgisischen Abgeordneten Irina Karamuschkina haben Raimbek Matraimow und seine Familie das Land bereits am 18. November verlassen. Diese Information wurde kurz darauf vom Abgeordneten Iskender Matraimow, Raimbeks Bruder, widerlegt und bislang nicht weiter bestätigt. Tatsächlich sind solche Gerüchte mit Vorsicht zu behandeln: Es wäre nicht das erste Mal, dass seine Flucht bekannt gegeben wird.

Die Redaktion

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