Der neue Premierminister Kirgistans ersetzt seinen Vorgänger praktisch ohne Vorbereitungszeit. Das Regierungspersonal bleibt nach einer fast einstimmigen Wahl des Parlaments weitgehend gleich.
Zwei Tage nach dem überraschenden Rücktritt des kirgisischen Premierministers Temir Sariev tritt schnell ein neuer Mann in Erscheinung. Das kirgisische Parlament stimmt der Ernennung von Soronbay Jeenbekov fast einstimmig zu. Sein Vorgänger war zuletzt Mittelpunkt eines Korruptionsskandals und trat nach öffentlichem Druck zurück.
Jeenbekov, ein ausgebildeter Agronom, stammt aus der Region Osch im Süden des Landes. Anfang der 1980er Jahre unterrichtete er Russisch. Gegen Ende der UdSSR und in der ersten Zeit der Unabhängigkeit leitete er eine Kolchose (kollektivwirtschaftlicher Betrieb in der Landwirtschaft) in der Nähe von Uzgen. Unter der Regierung des kirgisischen Präsidenten Askar Akaiev kletterte er auf der politischen Karriereleiter des Landwirtschaftsministeriums immer weiter nach oben.
Ein Mann aus dem Süden
Angetrieben von einer aufgebrachten Menge hielt er vor der Revolution 2010 als Gouverneur seiner Region die Zügel straff in der Hand. Diese sah sich damals mit noch nie dagewesenen ethnischen Konflikten konfrontiert. Jeenbekov wurde schließlich stellvertretender Direktor der Administration des Präsidenten, ein Posten, den er bis zu seiner Ernennung als Premierminister bekleidete.
Nicht zuletzt an seinem Verhalten im Jahr 2010 ist zu erkennen, dass Jeenbekov kein Mann der Sanftmut ist. Die Beziehungen zwischen der Hauptstadt Bischkek, im Norden des Landes, und Osch, der zweitgrößten Stadt, waren seit vielen Jahren angespannt. Die jüngsten Vorfälle an der Grenze zum benachbarten Usbekistan trugen ebenfalls zur Krisenstimmung bei.
Die Familie Jeenbekov ist gut in der kirgisischen Politik verankert
Jeenbekov stammt aus einer Familie, deren politischer Einfluss weit verzweigt scheint. Sein Bruder, Asylbek Jeenbekov, war viele Jahre lang Vositzender des kirgisischen Parlaments, bevor er sein Amt am Morgen nach der Ernennung Soronbay Jeenbekovs als Premierminister niederlegte. Ein weiterer Bruder, Jusupbek Sharipov, diente vor der Revolution 2005 als Gouverneur von Dschalalabad.
113 Stimmen von 115 Abgeordneten
Jeenbekov wurde von der Partei des Präsidenten Almazbek Atambayev, der SDPK, nominiert. Die SDPK führt momentan die Regierungskoalition und hält rund 80 der 120 Plätze im Parlament. Von den 115 Abgeordneten, die zum Zeitpunkt der Wahl anwesend waren, unterstützten 113 den ehemaligen stellvertretenden Parlamentspräsidenten.
Mit nur zwei Stimmen gegen die Ernennung von Jeenbekov stellt sich die Frage, ob das kirgisische Parlament effizient funktionieren kann – mit einer Opposition, die für einen Premierminister der Regierungspartei stimmt. Darüber hinaus behält die Regierung weiterhin dieselbe Struktur, die Neuvergabe der Ministerposten scheint dem Spiel „Reise nach Jerusalem“ zu ähneln.
Ein Übergang kontrolliert vom Präsidenten?
Obwohl der vorhergehende Premierminister Sariev aufgrund eines Korruptionsskandals zurücktrat, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die neue Regierung dem wichtigen Thema der Korruption widmet.
Tatsächlich deuten die ersten Aussagen der Regierung von Jeenbekov eine Fortsetzung bisheriger Regierungsarbeit an. Der Fokuss bleibt, die kirgisische Wirtschaft, die sich immer noch in einer Krise befindet, weiter anzukurbeln.
Der kirgisische Präsident Almazbek Atambaiev versprach, nicht wieder als Kandidat anzutreten. Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen scheint die Ernennung von Soronbay Jeenbekov, ein treuer Anhänger des Präsidenten und Parteimitglied der SDPK, allerdings anzudeuten, dass ein möglichst unproblematischer Übergang in den Händen der SDPK vorbereitet wird.
Die Redaktion