Startseite      Exzentrischer Geschäftsmann und Politiker Arstan Alai tot im Gefängnis aufgefunden

Exzentrischer Geschäftsmann und Politiker Arstan Alai tot im Gefängnis aufgefunden

Arstan Alai, Schmäher von Regierungen und Präsidenten, war eine ebenso schillernde wie umstrittene Figur in der politischen Landschaft Kirgistans. Die Staatsanwaltschaft kündigte die Einleitung einer Untersuchung an.

Arstan Alai bei einer Fernsehdebatte während der Präsidentschaftswahl 2021, Photo: Kaktus Media.

Arstan Alai, Schmäher von Regierungen und Präsidenten, war eine ebenso schillernde wie umstrittene Figur in der politischen Landschaft Kirgistans. Die Staatsanwaltschaft kündigte die Einleitung einer Untersuchung an.

Am Morgen des 5. Januar wurde der 55-jährige Arstanbek Abdyldajew, besser bekannt unter dem Namen Arstan Alai, erhängt im Speisesaal der Strafvollzugsanstalt Nr. 31 aufgefunden, wie Kloop berichtet. Er war vor allem für seine extravaganten Äußerungen bekannt, die ihm regelmäßig Spott einbrachten. Im Dezember letzten Jahres wurde Alai vom GKNB, dem Geheimdienst Kirgistans, festgenommen. Anschließend wurde er wegen Anstiftung zu religiöser Feindseligkeit in Untersuchungshaft genommen.

Das GKNB hatte seine Festnahme mit Informationen begründet, die Arstan Alai in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hatte und die bei Hausdurchsuchungen in seinen Büchern und Broschüren gefunden worden waren. Nach Ansicht der Behörden stellen diese Äußerungen eine Aufstachelung zu religiösem Hass und einen Aufruf zur Förderung religiöser Identität von Bürgern dar: „Er sieht sich selbst als „neuen Gott“, als „Erlöser“ und betrachtet andere Religionen, Glaubensrichtungen und Meinungen als minderwertige, schwache und ungültige Illusionen und bewertet sie negativ“, so der Ausschuss in einer Erklärung.

Ursprünglich in der Strafanstalt Nr. 1 untergebracht, wo er bis zum 15. Januar in Haft sein sollte, wurde er Ende Dezember in die medizinisch betreute Strafvollzugsanstalt Nr. 31 verlegt. Die Verlegung erfolgte auf Empfehlung eines Psychiaters nach einer ersten Diagnose, die lautete: „psychotische Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet, Halluzinationen“. Weder Alais Anwalt noch seine Familie waren über seine Verlegung informiert worden. Sein Anwalt berichtet, dass Alai während seiner Haft wiederholt über Kopfschmerzen klagte.

Unglücklicher Präsidentschaftskandidat

Arstan Alai stammt aus dem Gebiet Naryn, ist ausgebildeter Ökonom und machte Karriere in der Ölindustrie. Er war zunächst Direktor eines chinesisch-kirgisischen Unternehmens in Bischkek, gründete dann seine eigene Firma für den Verkauf von Kraftstoffen und besaß mehrere Tankstellen im ganzen Land. Die Revolution von 2010 motivierte ihn, in die Politik einzusteigen und bei den Präsidentschaftswahlen 2011 zu kandidieren, wo er 0,47 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 (0,12 Prozent der Stimmen) und 2021 (0,08 Prozent der Stimmen) trat er erneut als Kandidat an.

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Alai war sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, seine Vorträge waren stets gut besucht. Aber auch wenn seine Äußerungen die Internetnutzer unterhielten, amüsierten sie die kirgisischen Behörden keineswegs. Daher wurde im Oktober 2019 eine Untersuchung gegen Alai eingeleitet, nachdem er sich bei einer Konferenz in Bischkek unerwünscht äußerte.

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Damals hatte er den damaligen Präsidenten Sooronbaj Dschejenbekow aufgefordert, die Macht abzugeben und ihm die Regierungsgeschäfte zu überlassen. Vor allem aber hatte er erklärt, dass er ein Gott sei und 2020 Präsident des Universums werden würde. Der Fall wurde bereits im Februar 2020 abgeschlossen, da keine Beweise für Extremismus vorlagen. Der Fall hatte jedoch eine Debatte über die Registrierung des Tengrismus, einer schamanistischen zentralasiatischen Religion als religiöse Organisation sowie über die mögliche Verantwortung von Personen, die diese Bewegung fördern, ausgelöst.

„Ich habe das Virus nach China geschickt“

Auf einer Pressekonferenz am 3. März 2020 erklärte Arstan Alai, er habe beschlossen, das Coronavirus nach China zu schicken, um das Land zu bestrafen, das seiner Meinung nach Kirgistan eine Schuld von 4 Milliarden US-Dollar (ca. 3,6 Milliarden Euro) nicht verziehen habe. 70 Prozent der Menschheit würden an dem Virus sterben, aber Kirgistan bliebe verschont, da „die Kirgisen die Welt mit Hilfe der Naturkräfte regieren“, behauptete Alai damals, wie Kaktus berichtete.

Arstan Alai hatte sich 2011 zum ersten Mal durch seine öffentlichen Äußerungen hervorgetan. Auf einer Pressekonferenz kündigte er ein goldenes Zeitalter für die Kirgisen und einen ewigen Sommer auf dem Planeten an. Seine Äußerung „Es wird keinen Winter geben“ wurde vor allem im Winter zu einem wiederkehrenden Meme im russischsprachigen Internet, das den Klimawandel symbolisieren sollte. Die Parole wurde wegen ihrer Bedeutung, aber auch wegen eines darin enthaltenen Grammatikfehlers, zum Gegenstand des Spotts.

Ministerium verspricht Klärung der Todesumstände

Das Justizministerium kündigte eine Untersuchung und die Einsetzung einer Kommission an, die die Umstände des Todes klären soll. Die Pressestelle des Strafvollzugsdienstes erklärt, dass bei der ärztlichen Untersuchung keine Körperverletzungen an Alai festgestellt wurden.

Kloop meldet zudem, dass in den letzten zwei Jahren mehrere Todesfälle von Prominenten in kirgistanischen Gefängnissen als verdächtig angesehen werden können. Darunter befand sich auch Bakyt Asanbajew, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Ajyl-Bank, der wegen Korruption verhaftet und im Juni 2022 in der Untersuchungshaftanstalt des GKNB erhängt aufgefunden wurde. Für die Behörden war es Selbstmord; die Familie des Verstorbenen berichtete jedoch, dass bei der Autopsie gebrochene Rippen, ein gebrochenes Schlüsselbein und Blutergüsse an den Ellenbogen festgestellt wurden.

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Die Beerdigung von Arstan Alai fand am 7. Januar in Bischkek statt, an der mehrere hundert Menschen teilnahmen. Anschließend wurde er auf dem Friedhof des Dorfes Orok im Bezirk Sokuluk beigesetzt.

Eleonore Darasse, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Michèle Häfliger

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