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Zusammenstöße im Süden Kasachstans: interethnischer Konflikt oder Mafiastreit?

Rund tausend KasachInnen sollen an Zusammenstößen beteiligt gewesen sein, die sich in ein Progrom gegen die muslimische Minderheit der Duganen verwandelt hätten. Die Ereignisse stehen zurzeit im Mittelpunkt heftiger Debatten, da sie mafiöse Ursprünge gehabt haben könnten.

juliat 

ausgebrannte Häuser in Masanchi
Im Dorf Masanchi im Süden Kasachstans hat ein ethnischer Konflikt acht Tote gefordert.

Rund tausend KasachInnen sollen an Zusammenstößen beteiligt gewesen sein, die sich in ein Progrom gegen die muslimische Minderheit der Duganen verwandelt hätten. Die Ereignisse stehen zurzeit im Mittelpunkt heftiger Debatten, da sie mafiöse Ursprünge gehabt haben könnten.

In der Nacht vom 7. Februar kam es im Süden Kasachstans, im Gebiet Schambyl nahe der kirgisischen Grenze, zu Zusammenstößen zwischen Duganen und Kasachen. Schauplatz der Zusammenstöße wurden die Dörfer Masanchi, Karakemer, Sortobe und Auchatty. Die ethnische Minderheit der Duganen bezeichnet die Vorfälle als Progrom. Über den Ursprung der Ereignisse wird zurzeit heftig debattiert.

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Nach offiziellen Angaben, sollen fast Tausend Kasachen in die Dörfer eingedrungen sein und Menschen angegriffen haben. Nach jüngsten Angaben verloren dabei 11 Einwohner des Dorfes Masanchi ihr Leben, darunter zehn Duganen und ein Kasache. Laut dem russischen Nachrichtenmedium Fergana News seien um die dreißig Häuser und dreißig Geschäfte von den Angreifern zerstört worden bevor die Polizei eintreffen konnte, um die Ordnung wieder herzustellen.

Gerüchte um den Ursprung der Ereignisse

Seit den Zusammenstößen haben sich zahlreiche Gerüchte über deren Hintergründe verbreitet. Manche glauben, es hätte mit einer Auseinandersetzung zwischen einem duganischen Fahrer und einem älteren kasachischen Mann begonnen. Ersterer soll den Kasachen geschlagen haben, woraufhin seine Freunde sich rächten. Das ist im Moment auch die offizielle Version der Regierung.

Auf dem Telegramm Kanal Central Asian Brief gaben Vertreter der Duganen an, dass es bei dem Streit um einen sexuellen Übergriff von Seiten eines betrunkenen Kasachen auf eine junge Duganin handelte. Darüber hinaus wird spekuliert, dass ein Kasache sich in einen Streit zwischen jungen Uiguren und Duganen eingemischt habe. Letztere hätten sich dann gegen ihn gewendet und getötet, was zur heftigen Reaktion der Angreifer auf Masanchi geführt hätte.

Eine andere Version betrifft direkt die Polizei. Diese hätte den duganischen Fahrer verfolgt, woraufhin sich der Fahrer in einem Haus seiner Gemeinschaft versteckte hatte. Nachdem diese die Ordnungskräfte nicht eintreten ließen, hätten diese mit einem Angriff reagiert.

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50 Personen verhaftet

Bisher wurden 50 Menschen von den kasachstanischen Autoritäten verhaftet, während die Suche nach Beteiligten weitergeht. Die Verhaftungen berufen sich auf Artikel 99 (Totschlag), 272 (Organisation und Teilnahme an Ausschreitungen) und 293 (Hooliganismus) des kasachstanischen Strafgesetzes. Bislang wurden 25 Strafverfahren eingeleitet; die Identität der Angeklagten bleibt anonym.

Die Medien sprechen offiziell von einem „Unfall“ – Vertreter der Duganen hingegen benutzen den Begriff „Pogrom“. Die kasachischen Autoritäten scheinen das Thema mit größter Sorgfalt  zu behandeln. Der kasachstanische Vizepremierminister Berdibek Saparaev übernahm die Führung der Kommission, die sich mit der Entwicklung des Pogroms auseinandersetzt und wurde zum Gouverneur der Region erklärt, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Hinter den Gerüchten könnten jedoch weitaus tiefgründigere Interessen liegen.

Ein krimineller Konflikt?

Der Politologe Yuri Buluktaev gab gegenüber dem kasachischen Medium 365info.kz an, dass das Pogrom zweifelslos geplant gewesen sei. Es seien 54 Molotovcocktails beschlagnahmt worden, wofür es laut Buluktaev einer vorherigen Planung bedürft hätte. Auch Bewohner zweifeln an den Gerüchten über spontane Gewaltausbrüche, da es sich laut ihnen bei den Angreifern nicht nur um Menschen aus dem Dorf und der Umgebung handelte.

Laut der Theorie des Politologen Aıdos Sarym, seien die Angriffe auf kriminelle Gründe zurückzuführen. Er erklärt, dass es sich bei der betroffenen Region um ein Grenzgebiet handele, in dem Drogenschmuggel einen großen Teil der lokalen Wirtschaft ausmache. Die kirgisische Tageszeitung Wetschernij Bischkek geht sogar noch weiter und führt die Zusammenstöße auf die Verhaftung eines der mächtigsten Kriminellen der Region, Serik Golova, zurück. Sogar der Direktor der Vereinigung der Dunganen in Kasachstan, Huseı Daýrov, der zuerst von Pogromen sprach, erkennt die Rolle an, die kriminelle Elemente in den Ereignissen gespielt haben könnten.

Agathe Guy, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Julia Tappeiner

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