Die Universitäten erreichten in den vergangenen Tagen Anrufe aus dem Bildungsministerium, mit einer plötzlichen Aufforderung ihre Studenten ab dem 10. Dezember bis zum Ende des Jahres in die Ferien zu schicken. Steckt hinter dem wohlwollenden Vorhaben vielleicht Angst?
In vielen Universitäten und Fachhochschulen der südlichen Hauptstadt sind die Ferien vorgezogen worden. Ab dem 10. Dezember dürfen die Universitäten in Almaty ihre Studenten entlassen, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten. So lautete die unerwartete Information aus dem Kasachischen Bildungsministerium, die an alle Einrichtungen weitergegeben wurde. Auch die Deutsch-Kasachische Universität wurde per Anruf über diese Möglichkeit informiert.
Viele der Studenten wird diese Nachricht freuen. Besonders diejenigen, die an der Nationalen Agraruniversität und an der Nationalen Technischen Universität Satpajew eingeschrieben sind. Normalerweise beginnt die Prüfungsphase im Dezember. Bis dahin gilt es, die Studenten am besten wie möglich auf ihre Abschlussphase vorzubereiten. So auch in der Deutsch-Kasachischen Universität.
Viel Stoff, wenig Zeit zu lernen
Ohnehin ist die Unterrichtszeit im Dezember knapp, denn natürlich haben die Studenten und Lehrkräfte am 16. Und 17. Dezember frei. An diesen Tagen feiert Kasachstan seine Unabhängigkeit. Denn am 16. Dezember 1991 trat das konstituierende Gesetz über die Republik Kasachstan in Kraft. Fünf Jahre zuvor wurde Nursultan Nasarbajew Generalsekretär der Kommunistischen Partei Kasachstans. Er wurde als Nachfolger von Dimuchamed Kunajew akzeptiert. Damals versuchte das Politbüro in Moskau Kunajew durch einen russischen Amtsinhaber zu ersetzen, was zu den als „Scheltoksan 1986“ (Dezember 1986, Anm. d. Red.) bekannten Ereignissen führte. Diese Ereignisse fanden 1986 an den Tagen der heutigen Feiertage zur Unabhängigkeit statt.
Die Symbolkraft der „Scheltoksan“- Ereignisse wirkt bis heute nach. Damals standen auch zahlreiche Studenten auf dem Platz der Republik und demonstrierten gegen den russischen Generalsekretär. Die Anrufe des Bildungsministeriums in den Universitäten seien ein Versuch, öffentliche Verlautbarungen und demokratische Aktionen von Studenten vor diesem Hintergrund zu kontrollieren, meint der Prorektor der Deutsch-Kasachischen Universität Bodo Lochmann. „Uns hat auch vor ein paar Tagen ein Anruf erreicht mit der Forderung unsere Studenten plötzlich in die Ferien zu schicken“, erzählt er. Solche Anrufe mit plötzlichen Forderungen, dass die Studenten Urlaub machen sollen oder sich zu einer Veranstaltung im Stadion versammeln sollen gäbe es häufiger, erzählt er. Dabei würde immer vergessen, dass der Unterricht, genau geplant ist. „Wir können uns keinen Lehrausfall leisten. Jede ausgefallene Stunde muss nachgeholt werden“. Einige Studenten der DKU werden den 16. und 17. Dezember mit Sicherheit nutzen, um für die anstehenden Prüfungen zu lernen.
Dominik Vorhölter
IFA-Redakteur, Deutsche Allgemeine Zeitung
Almaty