Startseite      Wie Frauen mit Hidschab in Tadschikistan diskriminiert werden

Wie Frauen mit Hidschab in Tadschikistan diskriminiert werden

Obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Tadschikistans muslimisch ist, werden Frauen, die sich für das Tragen des Hidschabs entscheiden, diskriminiert. Sie sagen, dass für sie ein unausgesprochenes Zutrittsverbot für einige staatliche Institutionen gelte und dass es in der Gesellschaft viele negative Stereotypen gebe.

Asia Plus 

Redigiert von: Joan Villwock

Frauen mit Hidschab werden in Tadschikistan diskriminiert (Symbolbild), Photo: Wikimedia Commons

Obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Tadschikistans muslimisch ist, werden Frauen, die sich für das Tragen des Hidschabs entscheiden, diskriminiert. Sie sagen, dass für sie ein unausgesprochenes Zutrittsverbot für einige staatliche Institutionen gelte und dass es in der Gesellschaft viele negative Stereotypen gebe.

Anlässlich der internationalen Kampagne „16 Tage Aktivismus gegen geschlechtsspezifische Gewalt“ hat Asia-Plus ein besonderes Projekt gestartet, bei dem Frauen aus Tadschikistan über die Diskriminierung sprechen, der sie ausgesetzt sind.

Die Geschichte der Nichtakzeptanz von Frauen mit Hidschab ist lang: lokale und ausländische Medien verfolgen sie seit fast zwanzig Jahren. In den 2000er Jahre wurden Hidschabs in Tadschikistan populär. 2007 wurde der erste Versuch unternommen, sie in Bildungseinrichtungen zu verbieten.

Gleichzeitig tauchte das Leitmotiv auf, dass das Tragen des Hidschabs im Widerspruch zu den tadschikischen nationalen Traditionen stehe. Beamte erklärten, dass es Frauen in Tadschikistan nicht verboten sei, ein Kopftuch zu tragen, es müsse sich jedoch um ein entsprechend gebundenes nationales Kopftuch handeln.

Die Geschichte von Madina

Aber für viele religiöse Frauen in Tadschikistan ist das Tragen des Hidschabs wichtig, und trotz der Ablehnung durch die örtlichen Behörden entscheiden sie sich, diese Kopfbedeckung zu tragen. „Ich habe vor mehr als einem Jahr einen Hidschab angelegt, es war eine ausgewogene Entscheidung, auf die ich mich mehrere Jahre lang vorbereitet hatte und zu der ich alleine gekommen bin“, sagt Madina (Name geändert, Anm. d. Red. von Asia-Plus). „Meine größte Angst war, dass mein Hidschab direkt auf der Straße abgerissen werden könnte. Ich habe in sozialen Netzwerken von solchen Fällen gelesen. Zum Glück ist mir das nicht passiert, und jetzt höre ich nichts von solchen Vorfällen in Tadschikistan.“

Madina erklärt, dass die Entscheidung, einen Hijab zu tragen, ihre eigene Entscheidung war. Ihre Angehörigen, darunter ihr Mann und ihre Schwiegermutter, versuchten alles, um sie von diesem Schritt abzubringen, aus Angst um ihre Sicherheit. In einigen Fällen werden tadschikische Frauen jedoch von ihren Ehepartnern gezwungen, den Hidschab zu tragen. Dann befinden sich die Frauen in einer schwierigen Situation: Einerseits stehen sie unter dem Druck ihrer eigenen Familien, andererseits unter dem der Gesellschaft.

„Natürlich sage ich nicht, dass ich oft zu staatlichen Einrichtungen gehe. Aber manchmal muss ich. Ich kann aber zum Beispiel nicht in den Kindergarten meines Kindes gehen. Ich muss es bis zum Tor bringen und hier trifft uns das Kindermädchen“, sagt Madina. „Ich darf das Gelände des staatlichen Kindergartens nicht mit Hidschab betreten. Das Personal erklärt dies mit einem bestehenden […] Verbot. Es heißt, überall seien Überwachungskameras installiert.“

Lest auch auf Novastan: Wie Frauen in Tadschikistan von der Justiz diskriminiert werden

„Wenn Elternversammlungen im Kindergarten stattfinden, geht anstelle von mir mein Mann oder einer meiner Verwandten dorthin. Natürlich haben sie mir kein Dokument gezeigt, das mir den Eintritt in den Kindergarten verbietet. Ich bin mir sicher, dass es das nicht gibt, ich möchte nur meine Nerven schonen und nicht mit ihnen streiten“, so Madina weiter.

Was andere staatliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Kliniken betrifft, so kommt sie laut eigenen Angaben ohne Einschränkungen herein. Allerdings berichtete Asia-Plus vor einigen Jahren, dass Frauen mit Hidschabs nicht einmal den Zutritt zu medizinischen Zentren hatten.

„Die Leute denken, dass verschleierte Frauen ungebildet sind“

Die Beschränkungen, die lokale Beamte dem Hidschab tragenden Frauen auferlegen, sind zu einem Grund für die wiederholte Kritik internationaler Organisationen und westlicher Staaten geworden. Beispielsweise haben die Vereinigten Staaten im Jahr 2021 Tadschikistan in die Liste der zehn Länder aufgenommen, in denen religiöse Rechte am häufigsten verletzt werden.

Was die Diskriminierung verschleierter Frauen durch normale Bürger:innen angeht, sagt Madina, dass sie keine Probleme bei der Kommunikation mit ihren Landsleuten hatte. „Das Einzige, was mich stört, ist die große Anzahl an Stereotypen, die mit Frauen mit Hidschab verbunden sind“, sagt sie. „Erstens sind sich alle sicher, dass mein Mann mich gezwungen hat, den Hidschab zu tragen, und zweitens denken die Leute, dass verschleierte Frauen ungebildet sind und nichts wissen.“

Lest auch auf Novastan: Wie hoch ist der Grad der Freiheit und Sicherheit von Frauen in Zentralasien?

„Wenn Leute mit mir reden, versuchen sie, manche Erklärungen zu vereinfachen. Sie reden mit mir wie mit einem Kind, obwohl ich im Ausland eine höhere Universitätsausbildung gemacht habe. Und wenn ich anfange, ihnen zu antworten, sind sie überrascht, dass ich etwas Zusammenhängendes sagen kann. Dieser Stereotyp überrascht mich“, so Madina.

Mittlerweile sind in der Gesellschaft Tadschikistans Stereotypen und Stigmatisierung gegenüber Frauen mit Hidschab entstanden, was größtenteils auf das negative Image zurückzuführen ist, das innerhalb des Landes entstanden ist. Seit vielen Jahren berichten Medien über Sexarbeiterinnen im Hidschab und erzählen Geschichten von verschleierten Frauen, die von Magie praktizierenden Pseudo-Mullahs getäuscht wurden. Negative Äußerungen gegenüber Frauen im Hidschab sind auch typisch für lokale Regierungsbeamte verschiedener Dienstgrade.

Asia-Plus

Aus dem Russischen von Robin Roth

Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen: Schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.

Kommentare

Your comment will be revised by the site if needed.