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Usbekistan siegt bei Schacholympiade: Was sich abgespielt hat

Die 44. Schacholympiade in Indien war für Usbekistan ein glückliches Ereignis: Zum ersten Mal überhaupt belegte das usbekische Herrenteam den ersten Platz. Auch das Frauenteam erzielte ein zufriedenstellendes Ergebnis (Platz 31 von 162 Ländern). Der folgende Artikel erschien im russischsprachigen Original am 16. August 2022 auf Hook. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Die alle zwei Jahre stattfindende Schacholympiade ist ein Wettbewerb zwischen Nationalmannschaften. Jede Mannschaft besteht aus vier Schachspieler:innen und einer Ersatzperson. Die Schachspieler:innen werden je nach Stärke bei verschiedenen Brettern platziert und spielen jede Runde gegen eine andere Nation. In diesem Jahr fand die Olympiade im indischen Chennai statt.

Die 44. Schacholympiade in Indien war für Usbekistan ein glückliches Ereignis: Zum ersten Mal überhaupt belegte das usbekische Herrenteam den ersten Platz. Auch das Frauenteam erzielte ein zufriedenstellendes Ergebnis (Platz 31 von 162 Ländern). Der folgende Artikel erschien im russischsprachigen Original am 16. August 2022 auf Hook. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Die alle zwei Jahre stattfindende Schacholympiade ist ein Wettbewerb zwischen Nationalmannschaften. Jede Mannschaft besteht aus vier Schachspieler:innen und einer Ersatzperson. Die Schachspieler:innen werden je nach Stärke bei verschiedenen Brettern platziert und spielen jede Runde gegen eine andere Nation. In diesem Jahr fand die Olympiade im indischen Chennai statt.

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Obwohl keine russische oder chinesische Mannschaft teilnahm, war die Besetzung der Olympiade hochkarätig. Das amerikanische Männer-Team, in dem drei der zehn stärksten Schachspieler der Welt spielen, galt als Favorit. Indien als Organisator der Veranstaltung hatte das Recht, nicht nur eine, sondern drei Mannschaften zu stellen.  Schach-Weltmeister Magnus Carlsen führte das norwegische Team an. Die Chancen des aserbaidschanischen Teams wurden auch in diesem Jahr hoch eingeschätzt. Das usbekische Team bestand aus den Großmeistern Nodirbek Abdusattorov, Nodirbek Yoqubboyev, Javohir Sindarov und Jahongir Vohidov sowie dem Reserve-Großmeister Shamsiddin Vohidov. Die Jungs sind alle sehr jung (der Älteste, Jahongir, ist erst 27), und da im Schach Jugend immer öfter über Erfahrung siegt, wurden die Chancen unseres Teams als sehr hoch eingeschätzt.

Wie das Turnier verlief

Gemäß dem Schweizer System spielen in den ersten beiden Runden die stärksten Teams gegen jene am unteren Ende der Rangliste, wodurch sich die Ergebnisse leicht vorhersagen lassen. Die Teams aus Nepal und von den Färöern wurden klar besiegt, ohne eine einzige Niederlage oder ein Unentschieden. In der Regel lassen die favorisierten Mannschaften ihre Führungsspieler vor wichtigen Spielen ausruhen und geben den Ersatzspielern eine Chance. Der usbekische Mannschaftskapitän Nodirbek Abdusattorov hingegen spielte gleich am ersten Tag des Turniers und nahm sich zuvor keinen einzigen Tag frei.

Hitze der Leidenschaft

Der erste wirkliche Test für die usbekische Nationalmannschaft war die Begegnung in der vierten Runde mit der beeindruckend aufgestellten amerikanischen Mannschaft. Bei den letzten Olympischen Spielen 2018 belegten die amerikanische Mannschaft den zweiten Platz, zwei Jahre zuvor waren sie ganz oben auf dem Treppchen gestanden.

Im Alter von neun Jahren hatte sich Nodirbek Abdusattorov bereits einen großen Namen gemacht, als er bei einem internationalen Turnier in Taschkent gleich zwei Großmeister besiegte. Im Alter von 13 Jahren war er zweitjüngster Großmeister der Geschichte. Nicht nur seine Ergebnisse waren beeindruckend, sondern auch sein Spielstil.

Erst sah es so aus, als ob die usbekischen Jungs mit einem Minimum an Punkten verlieren würde. Im weiteren Verlauf der Partie zeigte Jahongir jedoch eine hervorragende Spieltechnik und sicherte sich den entscheidenden Vorteil gegen den amerikanischen Großmeister Sam Shankland. Auch dessen Teamkollege Fabiano Caruana unterliefen unerwartet viele Fehler und Nodirbek überwältigte schließlich seinen Gegner.

Die Spannung steigt…

Nacheinander wurden die slowenische und die slowakische Mannschaft trotz starker Aufstellung besiegt. Die usbekische Mannschaft kämpfte nun ernsthaft um Medaillen. Hingegen war klar, dass die darauffolgende Partie gegen die erste Mannschaft aus Indien schwierig werden würde – doch Usbekistan siegte auch hier.

Shamsiddin Vohidov, der das letzte Duell dieser sechsten Runde gegen Indien souverän gewann, war 2015 auch Weltmeister der unter 14-Jährigen. Außerdem gewann er 2018 in einer spektakulären Partie gegen Schachweltmeister Magnus Carlsen.

Nach dem spannenden Spiel gegen Indien schien die Begegnung mit der peruanischen Mannschaft ein Leichtes zu sein, zumal die Mannschaft ohne ihren Anführer antrat, und so gewann die usbekische Mannschaft in drei schnellen Siegen.

Nodirbek Yoqubboyev stieg sensationell in die Schachelite Usbekistans auf und gewann in einem Jahr die nationalen Meisterschaften in mehreren Altersklassen. Im Jahr 2016 wurde er im Alter von 14 Jahren usbekischer Meister bei den Erwachsenen und schlug dabei selbst erfahrene Meister und Großmeister.

Die nächsten Gegner waren die Schachspieler aus Deutschland, ein starkes Team auf Platz 9 der Weltrangliste. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten gewannen die usbekischen Jungs auch diese Partie.

Auf dem Weg ins Finale

Nach der achten Runde belegte Armenien den ersten Platz, während sich Indien und Usbekistan den zweiten teilten. So fand das neunte Vorrundenspiel der usbekischen Mannschaft auch gegen Armenien statt. Obwohl die armenische Mannschaft oft als leichter Gegner angesehen wird, kämpfte sie regelmäßig um Medaillen. Nach einer weiteren spannenden Partie wurde der Tabellenführer mit 3:1 besiegt.

Javohir Sindarov wurde 2019 im Alter von 12 Jahren Großmeister und übertraf damit seinen Teamkollegen Nodirbek. Javohir spielt scharf und angriffslustig und ist oft bereit, Bauern und sogar Figuren zu opfern, in der Hoffnung, ein Schachmatt zu erreichen, wodurch er zweimal Meister in der höchsten usbekischen Liga wurde und bei der Weltmeisterschaft 2021 einen der stärksten Schachspieler der Welt, Alireza Firouzja, schlug.

Es blieb keine Zeit, den Erfolg zu feiern, denn am nächsten Tag stand die Begegnung mit einem anderen großen Rivalen an, der zweiten indischen Mannschaft. Es war klar, dass die Partie keine leichte werden würde. Von Beginn des Spiels an hatten die Inder einen deutlichen Vorteil. Nach und nach zahlte sich die Hartnäckigkeit und Ausdauer der usbekischen Spieler aus und schließlich besiegten sie die zweite indische Mannschaft souverän. Armenien besiegte derweil die aserbaidschanische Mannschaft und zog vor der letzten Runde mit Usbekistan gleich. Die zusätzlichen Zähler waren jedoch stark zugunsten der Usbeken, also war klar – ein weiterer Sieg bringt Gold.

Endspurt

Obwohl die usbekische Mannschaft bereits mit den wichtigsten Medaillenanwärtern gespielt hatte, war die Partie in der letzten Runde gegen die niederländischen Schachspieler kein Zuckerschlecken. Sie alle waren den usbekischen Jungs überlegen und ihr Anführer zweifellos einer der stärksten Schachspieler der Welt. Andererseits war ein Sieg durchaus möglich.

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Schon zu Beginn des Spiels war klar, dass das Spiel von der usbekischen Mannschaft diktiert werden würde. Nodirbek Abdusattarov erreichte bereits in der ersten Runde einen großen Vorsprung und auch einige weitere Spieler gewannen ihre Partien gegen die niederländischen Gegner. So ging auch diese Runde an die usbekischen Jungs und der hervorragende erste Rang bei der 44. Schacholympiade in Indien war ihnen sicher. Die usbekische Frauenmannschaft, die ohne ihre Anführerin Gulruxbegim Toxirjonova antreten musste, hatte keinen ernsthaften Erfolg zu verzeichnen. Dennoch ist der 31. Platz nach Platz 46 zu Beginn des Turniers als zufriedenstellendes Resultat zu werten. Und da die Schachspielerinnen noch sehr jung sind (Afruza Xamdamova ist zum Beispiel erst 13), kann man auf stetige Fortschritte und weitere Erfolge hoffen.

Hook

Aus dem Russischen übersetzt (und gekürzt) von Michèle Häfliger

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