Mitte März hat sich die Eurasische Wirtschaftskommission getroffen, um ihre Richtung angesichts der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Belarus zu erörtern. Die Diskussion fand laut anwesenden Medien hinter verschlossenen Türen und „in angespannter Atmosphäre“ statt.
Was kann die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) angesichts westlicher Sanktionen gegen Russland und Belarus tun? Das Thema stand am 17. und 18. März auf der Tagesordnung des Rates der Eurasischen Wirtschaftskommission, dem Leitungsgremium der EAWU. Wie die russische Tageszeitung Kommersant berichtet, fand das Treffen hinter verschlossenen Türen sowie in Anwesenheit des Leiters der Kommission Michail Mjasnikowitsch und der stellvertretenden Regierungschefs von Russland, Belarus, Kasachstan, Armenien und Kirgistan statt. Diese fünf Länder sind Mitglieder der EAWU, einer im Mai 2014 gegründeten Zollunion nach dem Vorbild der Europäischen Union.
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Laut Tagesordnung sollte sich das Treffen mit Routineangelegenheiten wie einer Diskussion über die Mindestgarantien für die medizinische Versorgung von Arbeitnehmer:innen aus EAWU-Ländern und ihren Familien befassen. Wie das kasachstanische Nachrichtenportal Vlast berichtet, war das Treffen aber hauptsächlich den jüngsten Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Belarus gewidmet.
Dollarzahlungen in Frage
Während der Sitzung forderte der Rat der Eurasische Wirtschaftskommission, die gegenseitigen Abrechnungen zwischen EAWU-Mitgliedsländern in US-Dollar so bald wie möglich aufzugeben, bot aber keine Alternative an. 74 Prozent des Handelsumsatzes in der EAWU werden in Landeswährung bezahlt, aber die Preise werden in US-Dollar festgesetzt, erläutert das kirgisische Nachrichtenportal Kloop. Moskaus Vorschlag, Zölle in Rubel zu erheben, sei von Kasachstan abgelehnt worden, Kirgistans Wirtschaftsminister Danijar Amangeldijew habe aber angeboten, die Lieferung russischer Erdölprodukte in Rubel zu bezahlen.
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Laut Vlast forderte die Kommission außerdem, dass die erhobenen Zölle (die EAWU hat eine einzige Zollgrenze) in US-Dollar umgerechnet und die Kosten innerhalb der Union verteilt werden. Dies hänge mit dem Problem des Wechselkurses zusammen. Mit dem teilweisen Verlust der freien Konvertierbarkeit durch den Rubel müsse die Eurasische Wirtschaftskommission nämlich bestimmen, welcher der nicht marktüblichen Kurse angewendet wird, wenn das gesamte Gebührenvolumen in Rubel umgerechnet wird. Des Weiteren wurde nach Angaben von Kommersant auch erörtert, wie die Länder auf die Notfall-Gegensanktionsmaßnahmen reagieren. Diese zielen darauf ab, den Export bestimmter Technologien und Rohstoffe durch Russland und Belarus einzuschränken.
Eine angespannte Situation
Gleichzeitig haben die EAWU-Länder ihre Transitmöglichkeiten bewertet, um Risiken einer weiteren Integration sowie sekundäre Sanktionsrisiken auszugleichen. Viele Lieferungen sind für die EAWU-Partner unerlässlich und könnten zu Vergeltungssanktionen führen, stellt Vlast fest.
Ein Symbol für die angespannte Situation dürfte eine am 25. Februar veröffentlichte Petition sein, die den Austritt Kasachstans aus der EAWU fordert und laut Kloop fast 28.000 Unterschriften sammelte. „Bei jedweder Unterstützung Russlands wird unser Land der gleichen Isolation von der Welt gegenüberstehen wie Russland selbst“, schreiben die Autor:innen.
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Letztendlich wurde im Rahmen der Sitzung nur eine einzige Entscheidung in Bezug auf „Gegensanktionen“ getroffen: Die Verlängerung der Nullzölle auf Junglachs und -forelle bis 2025 „für die Entwicklung des Binnenmarkts der Union“. Die Eurasische Wirtschaftskommission kündigte keine Lösung oder auch nur die Möglichkeit einer Lösung an, um eine universelle Währung zu finden oder ein neues internationales Finanzsystem mit China zu schaffen, das zu Beginn des Krieges in der Ukraine erwähnt worden war [fr/ru].
Joanna Blain, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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