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Der kirgisische Fußball wird 100

Am 21. März 2021 feiert Kirgistans Fußballverband sein 100-jähriges Bestehen. Eine Gelegenheit, in die Fußballgeschichte des Landes einzutauchen.

Kirgistan Fussball 100 Jahre

Am 21. März 2021 feiert Kirgistans Fußballverband sein 100-jähriges Bestehen. Eine Gelegenheit, in die Fußballgeschichte des Landes einzutauchen.

Wie die Kirgisische Fußball-Union (KFU) auf Twitter berichtet, ertönte am 21. März 1921 in Pischpek, dem heutigen Bischkek, der erste Pfiff in der Geschichte des kirgisischen Fußballs. Die Partie bestritten eine lokale Mannschaft und ein Gegner aus der Stadt Werny in Kasachstan, heute bekannt als Almaty.

Das Spiel endete 3-1 zugunsten des Gastteams. Die Namen der Torschützen und der Teilnehmer des Spiels sind allerdings nach Angaben der KFU nicht bekannt. „Im gesamten Jahrhundert der Fußballgeschichte haben viele Meister des Lederballs dem nationalen Fußball Ruhm gebracht und sind zu Beispielen für junge Spieler geworden„, so der Verband.

Ein Fußball zweiter Klasse in der UdSSR

Die Anfänge des kirgisischen Fußballs verliefen jedoch eher schleppend. Die ersten Fußballvereine der Kirgisischen Sowjetrepublik wurden in den 1930er Jahren in der mittlerweile in Frunse unbenannten Hauptstadt gegründet. Auch die erste lokale Meisterschaft im Jahr 1934 wurde entsprechend von einem der Hauptstadtteams gewonnen. Laut dem Fachportal sport.kg entwickelt sich der Fußball in den 1920er bis 30er Jahren aufgund mangelnder Infastruktur kaum.

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Es mag seltsam erscheinen, aber der Zweite Weltkrieg hat eine immense Rolle bei der Bildung des Fußballs in Kirgistan gespielt„, erinnert die Website. In der Tat brachten die nach Zentralasien evakuierten Fabriken aus dem Westen der Sowjetunion auch eine große Anzahl von sportbegeisterten Arbeitern mit. So begannen lokale Teams in den oberen Ligen der Sowjetunion aufzufallen. Dies gilt insbesondere für Alga Frunse und dem 1967 in Osch, der zweitgrößten Stadt Kirgistans, gegründeten Klub Alai Osch.

Ankündigung für ein Spiel der zweiten Sowjetischen Liga im Jahr 1976: Alga Frunse gegen Wostok Ust-Kamenogorsk (Kasachische SSR). Quelle: foto.kg

Aber wie die auf postsowjetischen Fußball spezialisierte Website Futbolgrad in Erinnerung ruft, ist die Kirgisische Sozialistische Sowjetrepublik eine von zwei Republiken, die nie in der obersten Liga der UdSSR vertreten waren. Die andere ist Turkmenistan. Alga Frunse schaffte 1967 fast den Aufstieg und beendete die Saison auf Platz 3 der 1. Liga (, die in Wirklichkeit die 2. Liga war). In den letzten Jahren der Sowjetunion spielten sowohl Alga Frunse als auch Alai Osch in der dritten sowjetischen Liga.

Kirgistans Fußball seit der Unabhängigkeit: ein Weg voller Hürden

Anfang der 1990er-Jahre wurde aus Frunse Bischkek und Kirgistan erklärte am 31. August 1991 seine Unabhängigkeit. Der Fußballverband der Kirgisischen Republik wurde weniger als sechs Monate später im Februar 1992 gegründet und trat 1994 der FIFA und der Asiatischen Fußball-Konföderation (AFC) bei. 2020 erhielt er im Rahmen einer Umstrukturierung den heutigen Namen Kirgisische Fußball-Union.

Um die kirgisische Meisterschaft kämpften in den ersten Jahren kurzlebige Teams wie Kant-Oil Kant, das in den 1990er Jahren während seines dreijährigen Bestehens zwei nationale Meisterschaften gewann, und historische Mannschaften wie Alga Bischkek, dem besten kirgisischen Klub der Sowjetzeit, der aber seit Anfang der 2000er-Jahre keine Meisterschaft mehr gewinnen konnte. Danach wird die Meisterschaft vor allem von Dordoi-Dynamo Naryn (unangefochtener Champion zwischen 2004 und 2009) beziehungsweise Dordoi Bischkek (sechsmal Champion zwischen 2011 und 2020) dominiert – letztendlich ein und demselben Klub, der von der Dordoi-Gruppe finanziert wird, die den gleichnamigen großen Basar in Bischkek betreibt. Alai Osch schaffte ein bemerkenswertes Comeback in den 2010er-Jahren und gewann vier Titel. Die Erste Liga gehört mit acht Teams zu den kleinsten in der FIFA.

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Im Allgemeinen leidet der Fußball in Kirgistan unter einem Mangel an Mitteln, welcher sich in einigen von Futbolgrad im Jahr 2013 dargelegten Details zeigt: Spiele beginnen um 16.00 Uhr, um die Stromkosten für Flutlicht zu vermeiden. In manchen Fällen waren Spieler nicht in der Lage, am Ende der Spiele ihre Trickots zu tauschen.

Wie der damalige Präsident des Kirgisischen Fußballverbandes Semetej Sultanow 2015 in einem Interview mit Radio Azattyk bemerkte, fehlen vor allem die öffentlichen Mittel: „Das Budget der Föderation beträgt 250.000 Dollar pro Jahr, die von der FIFA ausgezahlt werden. Kein einziger Som kommt aus der Staatskasse hinzu.“ Diese Situation wirkt sich auch auf die Nationalmannschaft aus, da Spieler das Land aus Perspektivlosigkeit verlassen oder sogar die Staatsbürgerschaft wechseln. So rekrutierte Kasachstan bereits mehrere kirgisische Spieler für seine Nationalmannschaft.

Krisenjahre

All diese Faktoren erklären, warum der kirgisische Fußball international leidet. Im AFC-Cup, dem asiatischen Äquivalent zur Europa League, kämpfen die kirgisischen Klubs um den Einzug in die Gruppenphase, während alle anderen zentralasiatischen Länder dort bereits einen Vertreter stellen. Auch hier ist der Mangel an Mitteln offensichtlicht. „Der kirgisische Fußball wird nicht monetarisiert und als Produkt verkauft. […] In Kirgistan muss auch das Fußball-Marketing entwickelt werden, dann werden die Klubs keine solchen finanziellen Schwierigkeiten haben„, sagte der Sportjournalist Adilet Temirlanow im August 2020 gegenüber Radio Azattyk. Er erinnert daran, dass kein Verein in Kirgistan einen Gewinn erwirtschaftet.

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Ganz anders steht es hingegen um die Nationalmannschaft. Die weißen Falken, wie sie genannt werden, haben geschafft, was den Vereinen nie gelang: sich dem Ausland zu öffnen. Die Herausforderung war riesig. In den 20 Jahren nach der Unabhängigkeit spielte die Nationalmannschaft nicht mehr als 38 Spiele, mit einer Siegquote von 26,3 Prozent. Das erste Spiel gewann Kirgistan im Jahr 2016: ein Sieg gegen den Nachbarn Kasachstan in einem Freundschaftsspiel.

Noch überraschender ist, dass die Nationalmannschaft 2006 am ELF-Cup teilnahm, einem Wettbewerb für international nicht anerkannte Teams wie Tibet oder Nordzypern. Kirgistans Auswahl wurde Dritter. Der einzige fußballerische Hoffnungsschimmer dieser Jahre ging von der Futsal-Nationalmannschaft aus, die mit dem dritten Platz bei den Asienmeisterschaften 2005 einen erfolgreicheren Weg einschlug. Dieses Kunststück konnte allerdings nie wiederholt werden.

Gute Resultate der Nationalmannschaft

Angesichts ausbleibender Ergebnisse setzte der Verband auf ausländisches Know-how und engagierte mit Sergej Dworjankow (2012-2014) und Aleksandr Krestinin (seit 2014) russische Trainer für die Nationalmannschaft. Unter Krestinin, der seit 2017 auch Dordoi Bischkek trainiert, begann die Föderation aktiv Spieler aus dem Ausland zu rekrutieren. Dies gilt insbesondere für in Kirgistan geborene Deutsche wie Vitalij Lux oder Edgar Bernhardt, aber auch für Spieler aus Ghana wie Daniel Tagoe oder Elijah Ari.

Wie das kirgisische Nachrichtenportal Kaktus feststellt, hat sich die Position der kirgisischen Herren-Nationalmannschaft in der FIFA-Rangliste in den 2010er Jahren erheblich verbessert. Während sie zu Beginn des Jahrzehnts fast auf dem 200. Platz rangierte, ist sie seit 2018 unter die Top 100 gerückt und steht derzeit auf dem 96. Platz.

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Infolge der Maßnahmen konnte das Team in der Qualifikation für die WM 2018 einen guten Eindruck hinterlassen, als es lediglich Australien und Jordanien unterlag – zwei Teams, die qualitativ deutlich besser sind. Die Kirgisen erreichten sogar das Achtelfinale des Asiencups 2019 und unterlagen er in der Verlängerung mit 2-3 gegen das Gastgeberteam aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dies ist der bisher größte Erfolg der Nationalmannschaft, die derzeit den zweiten Platz in ihrer Qualifikationsgruppe für die Weltmeisterschaft 2022 belegt.

Das Frauen-Team, das derzeit auf dem 111. Platz der Weltrangliste steht, ist international noch weniger bekannt. Die Spielerin Aidana Otorbajewa erhielt jedoch kürzlich den Titel der Heldin der internationalen Föderation der Profispieler-Verbände FIFPro für Ihr Engagement während der Coronavirus-Epidemie.

Clément Clerc-Dubois & Florian Coppenrath
Redakteure für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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