Startseite      Moschee, Schrein und Wacholder – was wird aus Chudschands einzigartigem Stadtteil Hasrati Bobo?

Moschee, Schrein und Wacholder – was wird aus Chudschands einzigartigem Stadtteil Hasrati Bobo?

Im Zentrum der tadschikischen Stadt Chudschand verbirgt sich ein Denkmalkomplex, der eng mit dem Dichter und Gelehrten Kamoli Chudschandi verbunden ist. Noch sind seine Ruinen dem Verfall preisgegeben, doch die Stadt plant sie zu restaurieren. Der folgende Artikel von Anna Miftachowa erschien am 29. November 2020 auf Asia-Plus. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion. Weitere Fotos der Autorin befinden sich auf der Seite des Originalartikels.

Wacholderbäume und Überreste der Moschee
Wacholderbäume und Überreste der Moschee

Im Zentrum der tadschikischen Stadt Chudschand verbirgt sich ein Denkmalkomplex, der eng mit dem Dichter und Gelehrten Kamoli Chudschandi verbunden ist. Noch sind seine Ruinen dem Verfall preisgegeben, doch die Stadt plant sie zu restaurieren. Der folgende Artikel von Anna Miftachowa erschien am 29. November 2020 auf Asia-Plus. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion. Weitere Fotos der Autorin befinden sich auf der Seite des Originalartikels.

Im Herzen des modernen und zugleich uralten Chudschand, hinter den sowjetischen Häusern und gigantischen Neubauten, befindet sich ein wahres historisches Wunder: Drei große Wacholder, die aus derselben Wurzel wachsen. Das Viertel heißt Hasrati Bobo und ist nach dem bedeutenden Dichter Kamoli Chudschandi benannt, der hier gelebt haben soll. Sein Grab sowie eine 300 Jahre alte, baufällige Moschee befinden sich hier.

Ein Gebiet so groß wie eine Kamelhaut

Der große Dichter und Gelehrte Hasrati Bobo Kamoli Chudschandi lebte im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert und ist in Täbris (im heutigen Iran, Anm. d. Red.) begraben. Bereits im 14.-16. Jahrhundert wurde ein Mausoleum für ihn in Tadschikistan gebaut. Die Moschee in Chudschand stammt aus dem 18. Jahrhundert, aber zuvor gab es eine andere, deren Grundstein von Hasrati Bobo selbst gelegt worden war. 2015 wurde Sand vom Grab des Dichters nach Tadschikistan gebracht und ein Grabmal im Mausoleum in Chudschand errichtet.

Ansicht der Moschee von außen
Ansicht der Moschee von außen

Die Legende besagt, dass Kamoli Chudschandi die immer näher kommenden mongolisch-tatarischen Invasoren unter Führung des Khans Tochtamysch bat, genau so viel Land frei zu lassen, wie in eine Kamelhaut passe.

Der Khan lachte, hielt es für einen dummen Scherz und versprach öffentlich, seinen Wunsch erfüllen, Kamoli jedoch in jedem Fall mit sich nehmen zu wollen. Daraufhin schnitt Chudschandi das Fell in dünne Streifen, band sie zu einem Seil zusammen und umrundete das gesamte Gebiet des damaligen Chudschand. Tochtamysch war begeistert von der Intelligenz Hasrati Bobos und musste sein Wort halten. Er zog seine Truppen aus der Stadt zurück und nahm den Weisen mit, der schließlich in Termez an einer schweren Krankheit starb.

Über neun Jahrhunderte hinweg wurde der historische Ort, an dem Kamoli Chudschandi lebte, in zahlreichen Legenden verarbeitet, die sich oft mit Fiktion vermischen. Wir werden nie erfahren, wie es wirklich war.

Jetzt ist der Ort verlassen und sieht ziemlich traurig aus. Die alte Moschee ist verfallen und die Wacholder sind vertrocknet. Erstaunlich ist jedoch, dass einer der Zweige, die auf dem zerstörten Dach der Moschee liegen, jedes Jahr grün wird, was bedeutet, dass noch Leben im Baum ist. Dort, wo der Zweig liegt, schlängelt sich ein Riss herab, denn die drei Jahrhunderte alten Mauern sind rissig und bröckeln leicht ab.

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Mullah Alichon Ochunsoda, ein Angestellter in der Moschee, sagte, dass vor 1939 in der Nähe der Chodschabakirgan-Kanal verlief. Zu dieser Zeit war die Umgebung grün und die Bäume waren alles andere als trocken, denn in der Nähe befand sich auch ein wasserreicher Teich. Im Laufe der Zeit trocknete der Kanal jedoch aus und im Teich siedelten sich Schlangen an. Daher beschloss man, den Teich einfach mit Erde zu verschütten, damit niemand von den giftigen Tieren verletzt wird. Schließlich trockneten auch die Wacholder aus, da sie keinen Wasserzulauf mehr hatten.

Bäume und Ruinen
Bäume und Ruinen

Rachsüchtiger Wacholder

In der Sowjetzeit war die Militärkommandatur der Garnison Leninabad in der Moschee untergebracht. Außerdem wurden ihre Räumlichkeiten genutzt, um Militärangehörige oder einfache Soldaten festzuhalten, die Verbrechen gegen das Volk begangen oder gegen militärische Vorschriften verstoßen hatten. Da der Baum sehr nahe an den Mauern der Moschee wächst, haben die Militärangehörigen immer wieder erfolglos versucht, ihn abzusägen – und jeder, der versuchte, den Wacholder mit einer Axt zu fällen, erlag einer tödlichen Krankheit.

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Einmal wollte man die Wacholderbäume, die eine gemeinsame Wurzel haben und wie drei Brüder zusammenstehen, sogar mit einem Bagger ausgraben, aber dieser ging plötzlich kaputt. Schließlich wurden die Bäume in Ruhe gelassen. Heute würde es niemand mehr wagen, dieses Naturwunder aus 50 Kubikmeter sonnen- und windgetrocknetem Holz als Brennholz zu verwenden.

Binde einen Knoten, wenn du ein Kind bekommen willst

Der derzeitige Mullah des Mausoleums, Alichon Ochunzoda, der sich selbst als direkten Nachfahren von Hasrati Bobo bezeichnet, sagt, dass es sein großer Vorfahre war, der den Islam nach Tadschikistan brachte und den Tadschiken das Beten lehrte. Er baute die erste Moschee an der Stelle eines alten Friedhofs und einigen Berichten zufolge hatten dort bereits Wacholder gestanden.

Der Mullah sagt auch, dass die Bäume aus China kommen und deshalb so besondere Eigenschaften haben. Im Gegensatz zu seiner Annahme, dass die Bäume hier bereits vor dem Aufkommen des Islam gestanden haben, sind Wissenschaftler jedoch der Auffassung, dass die Bäume nicht älter als 650 Jahre sind. Für uns soll ihr Alter ein Geheimnis bleiben, denn die Wahrheit ist schwer herauszufinden.

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Alichon Ochunzoda berichtet auch, dass bereits zur Zeit der Zoroastrier Menschen, die einen Kinderwunsch hatten, zu den Bäumen kamen. Sie banden Fetzen bunter Tücher an die Zweige und äußerten ihren Wunsch. So wurden aus Paaren, die jahrelang keine Kinder bekommen konnten, bald glückliche Eltern. Es zu glauben oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Eine einheimische Frau erzählt folgende Geschichte:

Meine Schwester hatte schon lange davon geträumt, Kinder zu bekommen, aber obwohl sie und ihr Mann kerngesund waren, klappte es nicht. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als auf ein Wunder zu hoffen. Sie und ihr Mann kamen zu den Wacholderbäumen und banden ein Tuch an die Zweige und wünschten sich von ganzem Herzen ein Kind. Und innerhalb eines Jahres wurde ihre Familie um eine Person reicher. Mittlerweile haben sie zwei Kinder. Die Hauptsache ist, dass man fest daran glaubt – und das taten sie!

Der Geist Kamoli Chudschandis hüllt sich um diesen Ort

Die Moschee, die nach den Regeln des Islams aus nassen Ziegeln und Holz gebaut wurde, ist in schlechtem Zustand und bedarf einer behutsamen Restaurierung. Angesichts der Tatsache, dass das Bauwerk 300 Jahre alt ist, handelt es sich um ein architektonisches Denkmal von unschätzbarem Wert, das für die Nachwelt vor Vandalismus geschützt werden sollte.

Das Gebäude ist stark einsturzgefährdet
Das Gebäude ist stark einsturzgefährdet

Doch niemand kümmert sich um diese Ruinen – was nicht verwundert, denn sie werden von Wohnhäusern sowie einem Gebäude des Innenministeriums verdeckt. Ein normaler Passant würde nicht erwarten, in dieser Seitengasse mitten im Zentrum der Stadt auf ein historisches Gebäude und uralte Bäume zu stoßen.

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Dazu kommt, dass das Grundstück vor nicht allzu langer Zeit „veräußert“ wurde und der einzigartige Ort Gefahr läuft, bald zu verschwinden, falls der neue Besitzer plötzlich beschließt, alles abzureißen und hier Neubauten zu errichten. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Moschee und die Wacholderbäume von Hasrati Bobo erhalten bleiben und genauso ehrfürchtig behandelt werden wie seine Grabstätte.

Ein Volksglaube besagt, dass der Geist Kamol Chudschandis an diesem Ort wohnt und niemals zulassen wird, dass ein Teil der Geschichte seines Heimatlands ausgelöscht wird. Vor einiger Zeit gab die Stadtverwaltung von Chudschand bekannt, dass der Restaurierungsplan für die historische Stätte bereits erstellt wurde und die Arbeiten im Jahr 2021 beginnen sollen. Vertreter der UNESCO-Stiftung empfehlen, die Arbeiten in Ruhe anzugehen und soweit möglich den historischen Wert des Gebäudes zu erhalten, um es in die Liste des Kulturerbes aufzunehmen.

Anna Miftachowa

Aus dem Russischen von Elisabeth Rudolph

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