Schymkent – das Paradies Kasachstans Südens. Den Eindruck kann man zumindest bekommen, wenn man sich durch die Fotoreportage von Renat Taschkinbajew und Turar Kasangapow klickt. Ein bisschen Urlaub in Schymkent übersetzt aus dem Russischen mit freundlicher Genehmigung er Redaktion von Tengri News.
Mit dem Taxi hinaus aus Schymkent in die nahegelegenen Dörfer und Städte zu fahren ist kein Problem. Fahrer*innen, die Passagier*innen zu einem vereinbarten Preis mitnehmen, gibt es zu genüge. Aber wer noch nie als Taxipassagier*in in Südkasachstan unterwegs war, wird sich gelinde gesagt über die Besonderheiten des Schymkenter Fahrstils wundern.
Erfahrenere, hilfsbereite Mitmenschen raten Neulingen, die ins Auto eines Rasers geraten, die Augen zu schließen und sich zu entspannen. Laut den Einheimischen ist ein besonderer Vorteil der Stadt, dass es sich hier leicht lebt. Von extremen Fahrern, Essen und Schymkenter*innen, die ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen, handelt diese Fotoreportage von Renat Taschkinbajew und Turar Kasangapow.
Nordkasachstaner*innen, die im Frühling ins warme Schymkent kommen, werden positiv überrascht sein und beim Anblick der Blumen ringsum sich vielleicht sogar mit dem Gedanken spielen in diese Stadt umzusiedeln.
Bunte Tulpen sind die erste Sehenswürdigkeit, auf die Gäste der Stadt am Flughafen treffen.
Man sagt, dass in Schymkent mehr als eine halbe Million dieser Blumen gepflanzt wurden.
Aber Tulpen sind nicht die einzigen Blumen, an denen man sich in Schymkent erfreuen kann. Jetzt blüht die ganze Stadt.
„Unsere Stadt entwickelt sich, wird schöner und schöner. Für mich ist das größte Plus von Schymkent, dass hier viele tolle Bäume wachsen“, lobt Olga ihre Stadt.
Für „Nordlichter“ sind die warmen Apriltage schon heiß, aber für die Einheimischen beginnt die wirkliche Hitze erst in den Sommermonaten. Aber schon jetzt gibt es alle Mittel um sich abzukühlen. Hier kann man zum Beispiel kalte Kosche (eine Art saure Milchsuppe, Anm. d. Ü.) probieren.
Aber am meisten schätzen die Schymkenter*innen dieses Eis. Dabei bevorzugt die Mehrheit es, diese Leckerei an einem bestimmten Ort zu kaufen.
Diese Eisbuden befinden sich in einem der Bezirke Schymkents. Man sagt, dass es hier immer Schlangen gibt, die insbesondere während der heißen Tage lang sind.
Bemerkenswert ist, dass sich direkt daneben eine andere Eisbude befindet. Aber eine Schlange sieht man dort nicht.
Die Leute, die hier Eis probieren, kann man in zwei Gruppen teilen: Jene, die meinen, dass dieses Eis etwas ganz Besonderes ist, und jene, die nichts Außergewöhnliches herausschmecken können.
„Aus allen Bezirken der Stadt kommen sie hierher. Nebenan gibt es auch Eis, aber niemand geht dort hin; alle wollen hierher. Auch wenn 100 Menschen Schlange stehen – sie werden warten“, sagt uns ein Mann, der sich hier ein Eis kauft.
„Im Vergleich zu anderen Läden ist hier das Eis besonders lecker, ein etwas anderer Geschmack. Ich weiß nicht warum, aber die Leute sind bereit Schlange zu stehen“, sagt eine weitere Einwohnerin Schymkents.
Die Verkäufer der Wunderdelikatesse zucken auf die Frage nach dem Geheimnis ihres Eises mit den Schultern: „Ich weiß nicht, man bringt uns die fertige Mischung. Der Geschmack ist einfach gut, wahrscheinlich gefällt es deswegen allen.“
Die Bewohner*innen Schymkents sind überhaupt Feinschmecker*innen. Wenn Sie irgendwo Plov (ein usbekisches Reisgericht, Anm. d. Ü.) oder Samsa (mit Fleisch oder Käse füllte Teigtaschen, Anm. d. Ü.) probieren, wird man Ihnen auf jeden Fall sagen, dass Sie noch einen anderen Ort aufsuchen müssen, weil es dort den besten Plov oder die besten Samsa gebe.
Samsa – 200 Tenge (ein Euro entspricht derzeit circa 380 Tenge, Anm. d. Ü.) für drei Stück.
Samsa aus dem Tandyr-Grill mit Brühe in einem kleinen Café für 250 Tenge.
Schymkenter Schaschlik für 250 bis 300 Tenge.
Lepjoschka (eine Brotart, Anm. d.Ü.) mit Zwiebeln für 320 Tenge.
Naryn (eine Fleischsuppe, Anm. d. Ü.) mit Pferdewurst (circa 500 Tenge, wobei man es auch deutlich günstiger kriegen kann).
Das erschwingliche Essen und die vielfältigen Lebensmittel gelten als Vorteile des Lebens in Schymkent.
Der aus Bajkonur stammende Sabit Bekbembetow hat in Schymkent ein Wasserpfeifen-Café.
Er sagt, dass er zuerst gar nicht ans Geldverdienen dachte, sondern einfach gern für seine Freunde eine Wasserpfeife vorbereitet hat.
Mit der Zeit wurde aus dem Hobby eine kommerzielle Tätigkeit. Aber auch heute betrachtet er das Business als zweitrangig.
„Ich verdiene schon seit drei Jahren an den Wasserpfeifen und ich selbst komme jeden Tag, rauche eine und schaue nach dem Rechten. Aber weil die Wasserpfeife für mich immer ein Hobby war, ist es für mich immer eine besondere Tätigkeit. Wenn ich in meinem Hauptgeschäft ein Problem habe, unterstützen mich die Wasserpfeifen als zweites Standbein. Die Einnahmen durch die Wasserpfeifen ermöglichen mir zusätzliche Ausgaben – irgendwohin fahren, irgendetwas kaufen“, sagt Sabit.
Ein motivierender Aushang in einem Café in Schymkent.
„In Schymkent ist es sonnig und warm. Das wirkt sich positiv auf die Laune der Menschen und auf ihre Gesundheit aus. Hier lebt es sich gut. Die Leute sind gesellig und gastfreundlich. Hier fühlst du dich zuhause, im gesamten Gebiet Südkasachstans. Hier gibt es sehr interessante, grüne, schöne Orte, die an Oasen erinnern. Kurzum, hier gibt es mehr Wärme als Kälte“, lässt uns unser Gesprächspartner wissen.
„Diese Stadt zieht die Leute dadurch an, dass sie eine der Metropolen Kasachstans geworden ist. Der Umsatz mit und der Umfang der Bauarbeiten sind gewachsen, hier kann man immer irgendwelche Arbeit finden und Geld verdienen. Selbst wenn man keine feste Arbeit hat, kann man hier leben, weil man immer irgendwo etwas dazu verdienen kann. Dank des guten Klimas und der leichten Kommunikation, kann man sich immer einigen. Man kann sagen, dass es sich hier leicht lebt“, fügt der Bewohner Schymkents hinzu.
Tätowierermeister Sergej Karpinskij hat in Schymkent ein eigenes Studio. In acht Jahren hat er sich einen guten Namen erarbeitet, er hat einen festen Kundenstamm, der nicht selten für die Tattoos aus dem Ausland anreist.
Einmal kam zu ihm ein 84-jähriger Rentner, der einst in der Flotte gedient hatte. Er bat darum ihm einen Hai zu stechen.
„Ich bin ohne Eltern aufgewachsen und meine Großmutter ist eine Frau alten Schlag. Als ich angefangen habe, hatte sie keine besonders hohe Meinung von meinem Beruf, aber mit der Zeit hat sie sich dran gewöhnt, denn es ist Arbeit, mein täglich Brot“, sagt Sergej.
In Sergejs Studio befinden sich seine Lieblinge: Das Chamäleon Dentschik und die Spinne Grischa.
Das Studio zu eröffnen, sagt der 28-Jährige, war nicht schwer. Nach seinen Worten kann jeder eine Arbeit und Beschäftigung nach seinem Geschmack finden. Das wichtigste ist, dass du nach etwas strebst, dein Niveau ständig verbesserst und dich nicht vor neuem fürchtest.
Schymkent ist eine Mischung aus altem und neuem.
Hier gibt es eine hohe Zahl an Neubauten und Handelszentren, aber auch Bauten mit Geschichte.
„Die Stadt ist wundervoll, vor allem jetzt. Wahrscheinlich ist es nirgends besser als in unserer Stadt. Im Fernsehen siehst du überall Terroranschläge und Kriege, hier ist es das absolut friedliche Leben. Nasarbajew macht die richtige Politik. Wissen Sie, von uns sind einige nach Russland emigriert, aber lange haben sie es nicht ausgehalten und sind zurückgekehrt. Es scheint, Schymkent gefällt ihnen besser“, sagt Maria Iwanowna Petrjakowa. Sie lebt schon mehr als 50 Jahre in Schymkent.
Das Vorhandensein großer Gotteshäuser verschiedener Glaubensrichtungen ist auch ein besonderes Merkmal der Stadt.
Aber eine noch bekanntere Besonderheit Südkasachstans scheint der – sagen wir mal – eigene Fahrstil der örtlichen Autoliebhaber*innen.
Bei diesem Thema gehen selbst die Meinungen der Schymkenter*innen auseinander.
Die einen sagen, dass die hiesigen Fahrer*innen die Verkehrsregeln verletzen, weil sie sie einfach nicht kennen.
Die anderen, Raser*innen im wahrsten Sinne des Wortes, sagen, dass dies an der Freiheitsliebe der örtlichen Fahrer*innen liege. „Ich glaube, dass irgendein Teil der Strenge im Süden zugegen ist. Hier kennt jeder jeden, deswegen kann man gut miteinander kommunizieren. Ein Kompromiss funktioniert in etwa so: Ich sage dir jetzt, dass es so nicht läuft, also mach es nicht noch einmal. So hat sich die jetzige Einstellung zum Autofahren in der Stadt entwickelt. Und ja, Autofahren war hier immer extrem, deswegen fühlen sich die Menschen frei in ihrem Handeln“, teil ein Schymkenter uns mit. Aber er glaubt, dass sich die Einwohner*innen der südlichen Metropole mittlerweile gewissenhafter an die Verkehrsregeln halten.
„Im Vergleich dazu, wie es früher war, fahren die Leute jetzt besser, beachten die Verkehrsregeln, beachten Fußgänger*innen und anderer Verkehrsteilnehmer*innen“, sagt einer der Einheimischen.
Geschwindigkeit lieben in Schymkent nicht nur die Autofahrer*innen.
In letzter Zeit erfreut sich die Biker-Bewegung hier großer Beliebtheit.
Alexander Galiulin vertritt in Schymkent „Motokonjuschnja“ eine Fachhandlungs- und Werkstattkette für Motorräder. Der Mann ist selbst ein Motorradkenner und sagt, dass er seine Arbeit nicht als solche betrachtet, sondern als eine Herzensangelegenheit.
„Mir gefällt die Technik der Motorräder, darauf zu sitzen, sie zu reparieren. Und ihre Form – das ist ein Meisterwerk. Wenn du es steuerst, das ist Freiheit“, sagt Alexander. Seine Liebe zu Motorrädern hat auch unter ein paar Unfällen nicht gelitten.
„Ich hatte sechs Unfälle, bei zweien habe ich knapp überlebt, aber ich fahre dennoch. Wir haben ein Biker-Kollektiv und sind wie eine Familie. Wenn du irgendwelche Probleme hast, rufst du an und sie helfen dir“, so Alexander Galiulin.
Auch seriöse Leute wie Jurist*innen und Polizist*innen gebe es unter den Motorradliebhaber*innen Schymkents, lässt uns Alexander wissen, „Sie kaufen sich ein Motorrad und nach der Arbeit fahren sie.“
Was das Leben in Schymkent betrifft, hat sich Alexander zur Gänze in Schymkent eingerichtet. „Ich habe nicht vor von hier wegzugehen. Schymkent ist eine echt wunderbare Stadt. Hier ist es warm, richtig warm, selbst im Winter“, fügt er hinzu.
Um über Schymkent zu berichten, reicht eine Reportage nicht aus. Wahrscheinlich gibt es neben den vielen Pluspunkten auch diverse Probleme.
Etwa die Arbeitslosigkeit.
Aber es gibt keine Zweifel daran, dass vielen Menschen ein Tag reicht um sich in die Stadt zu verlieben und vielleicht sogar ernsthaft darüber nachdenken hier zu bleiben.
Alles zu seiner Zeit. Noch blühen diese Tulpen.
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Aus dem Russischen von Robin Roth
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