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Leichte Unterhaltung mit „Meine kasachische Hochzeit“

Die kürzlich erschienene „kasachische Hochzeit“ vom Deutsch-Belarussen Artem Kouida bietet einen kuriosen Einblick in die scheinbar allzu eingefahrenen Heiratstraditionen einer kasachischen Familie, die auch vor einem nicht-kasachischen Ehemann keinen Halt machen. Eine Rezension.

Die kürzlich erschienene „kasachische Hochzeit“ vom Deutsch-Belarussen Artem Kouida bietet einen kuriosen Einblick in die scheinbar allzu eingefahrenen Heiratstraditionen einer kasachischen Familie, die auch vor einem nicht-kasachischen Ehemann keinen Halt machen. Eine Rezension.

Auf dem etwas drolligen Buchumschlag mit Kouida lässt der Titel verlauten, dass es «seine» kasachische Hochzeit, also die des Bräutigams, ist. Und tatsächlich scheint die kasachische Braut Teil ihres kasachischen Familienstammes zu bleiben, achtet alle Traditionen und Bräuche und erwartet dasselbe selbstverständlich auch von ihrer besseren Hälfte. Die auf die Innensicht des Erzählers beschränkte Perspektive und die emotionale Abwesenheit aller weiteren Statisten verstärkt den Eindruck, dass der Bräutigam seine Hochzeit im Ausland ganz allein bestehen muss.

Vom deutschen Bräutigam zu einem richtigen Kasachen

In saloppem Tagebuchstil verfasst – zwar ohne Datumseinträge – sind wir nahezu vom Frühstück bis zum Zubettgehen Zeugen dessen, was Kouida mit seiner erweiterten Schwiegerfamilie erlebt. Obwohl der Protagonist selbst der russischen Sprache mächtig ist und postsowjetische Phänomene ihm nicht gänzlich unbekannt sind, gestaltet sich das Einheiraten in eine echt kasachische Familie doch nicht gar so einfach. Wenn Hochzeitswünsche nur auf Kasachisch weitergegeben werden, die Sitzordnung eine Wissenschaft für sich wird und der arme deutsche Bräutigam doch bitte endlich ein richtiger Kasache werden möge, kann einem das schon mal zu viel werden.

Der größte Knackpunkt scheint dabei wohl die Kulinarik zu sein. Weder die nicht sehr authentische Pizza im italienischen Restaurant noch der obligate Schafskopf (zum Glück nicht für den Bräutigam gedacht!) oder die berüchtigte Pferdewurst – nichts davon scheint unserem Pantoffelhelden zu munden. Doch wir können seinen Respekt vor den Essgewohnheiten des „kasachischen Volkes“ auch verstehen: „Nicht umsonst gibt es seit eh und je einen Witz über die Kasachen, die als ein raues Volk gelten, da sie sogar Pferde in ihren eigenen Darm reinstopfen können.“

Was wir über Kasachstan, aber auch über Deutschland lernen können

Kouidas Erzählungen schwanken zwischen sich erfüllenden Klischees (fleischlose Gerichte sind in Kasachstan keine vollwertige Mahlzeit) und allzu oft erwarteten interkulturellen Rangeleien, etwa beim Deutschlandbesuch der Schwiegerfamilie, wo Shoppen wichtiger ist als etwas kulturelles Sightseeing. In Spannungsverhältnissen wie diesen merken wir erst, was wir solch banalen Erlebnissen entnehmen sollten: Gegenseitiges Verständnis kommt zwar nicht immer zwingend von den anderen aus, doch wir sollten uns so oder so darum bemühen, ihnen ebendieses Verständnis entgegenzubringen.

Der Versuch, etwas von der Geschichte Kasachstans in den allgemeinen Hochzeitstrubel miteinzuflechten, etwa die nomadische Kultur oder den fraglichen Personenkult um den ersten kasachischen Präsidenten, wird der Komplexität des Landes und der gesamten Region dennoch nicht gerecht. Man fragt sich des Öfteren, wo denn eine Karte bleibt, um sich im mit Abstand größten zentralasiatischen Staat zurechtzufinden. Immerhin finden sich einige kunstvoll bearbeitete Fotos als Veranschaulichung von Alltag und Tradition, wie sie eine kasachische Hochzeit mit sich bringt.

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Highlight des Buches ist das kleine Sammelsurium an Rezepten aus der kasachischen Küche, das durch ausführliche Kochanleitungen und doch leicht verständliche Sprache Lust auf Ausprobieren macht. Einen großen Dank an die kasachische Schwiegermutter!

Artem Kouida: Meine kasachische Hochzeit. 200 Seiten, Gabriele Schäfer Verlag, ISBN: 978-3-910594-33-3, März 2025.

Michèle Häfliger für Novastan

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