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Kasachstans Bevölkerung leidet unter Wassermangel

Seit Mai herrscht in Kasachstans Hauptstadt Astana akuter Wassermangel. Nach Angaben der Regierung sind im ganzen Land mehr als 600 000 Menschen nicht mit Trinkwasser versorgt. Bis 2050 könnte Kasachstan in die Kategorie der Länder eintreten, die dringend Wasser benötigen.

Der Fluss Ischim in Astana
Der Fluss Ischim wird in Astana aufgestaut (Symbolbild), Photo: Vmenkov/Wikimedia Commons

Seit Mai herrscht in Kasachstans Hauptstadt Astana akuter Wassermangel. Nach Angaben der Regierung sind im ganzen Land mehr als 600 000 Menschen nicht mit Trinkwasser versorgt. Bis 2050 könnte Kasachstan in die Kategorie der Länder eintreten, die dringend Wasser benötigen.

Laut einem Monitoring von Energyprom haben in Kasachstans Hauptstadt Astana das schnelle Bevölkerungswachstum und die groß angelegten Bauarbeiten die verfügbare Kapazität der Pumpstationen überschritten. In diesem Zusammenhang hat der städtische Wasserversorgungsdienst „Astana Su Arnasy“ am 28. März eine Grafik für die Wasserversorgung der Bürger eingeführt.

Am 23. Mai äußerten Bewohner:innen eines Wohnkomplexes ihre Unzufriedenheit über den Wassermangel und blockierten die Straße. Circa zwei Wochen späte, am 5. Juni, waren die Bewohner:innen zweier Bezirke von Astana aufgrund von Schäden an der Wasserversorgung ohne Wasserversorgung.

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Am 10. Juni wurde die Situation geklärt und die Behörden versicherten, dass das Problem bis zum 30. Juni durch die Inbetriebnahme einer neuen Pump- und Filterstation vollständig gelöst sein würde. Unterdessen berichtete KazTAG, dass die Wasserquelle in Astana nur für 500 000 Menschen ausgelegt sei. Tatsächlich leben aber 1,3 Millionen Menschen in der Stadt. Der Bürgermeister der Stadt brachte den Wassermangel mit dem Bevölkerungswachstum und der Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen in Verbindung.

Fehlerhafte Stadtentwicklung

Aset Kaliev, Direktor des Zentrums für Wassersicherheit des Astana International Scientific Complex, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Inbusiness.kz, einer der Gründe für den Wassermangel in der Hauptstadt sei die Nichteinhaltung des Masterplans für den Bau durch die Stadtentwickler:innen: „Abweichend vom allgemeinen Plan begann in Astana mit Zustimmung der Beamten die Verdichtung und Punktierung von Gebäuden. Im Gegenzug drangen Gebäude in bestehende Mikrobezirke ein, in denen bereits eine eigene Belastung für die technischen Netzwerke bestand. Seitdem steht alles auf dem Kopf.“

Nach Angaben des Leiters der Abteilung für Wasser- und Abwasserentsorgung, Nursultan Kerimqulov, werde der Wassermangel die Entwicklung des Bauwesens in der Stadt beeinträchtigen. Die Qualität des Trinkwassers werde jedoch nicht beeinflusst.

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Am 19. April stellte Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev bei einem Treffen zur sozioökonomischen Entwicklung des Landes fest, dass Kasachstan bis 2050 in die Kategorie der Länder mit dringendem Wasserbedarf eintreten könnte. Die Infrastruktur der Großstädte sei nicht in der Lage, die jedes Jahr wachsende Nachfrage zu decken.

„Selbst in Astana herrscht Wasserknappheit. Einer der Hauptgründe ist die Zunahme der Bautätigkeit. Wenn wir nicht wirtschaftlich sind, werden wir das Defizit nicht beseitigen können, selbst wenn wir neue Anlagen für sauberes Wasser in Betrieb nehmen“, sagte Toqaev laut der kasachstanischen Nachrichtenagentur Tengrinews.

Das Problem des Wassermangels in Astana hängt nicht nur mit der mangelnden Auslegungskapazität der Netze und Pumpstationen zusammen, sondern auch mit einem direkten Mangel an Wasserquellen. Außer dem Astana-Wasserreservoir gibt es keine alternativen Möglichkeiten zur Versorgung. Derzeit erwägt das kasachstanische Ökologieministerium mehrere Möglichkeiten zur Lösung des Problems: den Bau von Anlagen zur Wiederauffüllung des Stausees, die Verlegung eines Wasserversorgungssystems und die Aufnahme von Wasser aus dem Irtysch-Qaragandy-Kanal.

Die Krise wird schlimmer

Laut Daten der öffentlichen Versorgungsbetriebe Kasachstans belief sich die Bereitstellung der zentralen Wasserversorgung in Kasachstan im Jahr 2022 auf 96,8 Prozent. Die restlichen 3,2 Prozent – mehr als 600 000 Menschen – benötigen Trinkwasser.

Expert:innen machen auf die bürokratischen Schwierigkeiten aufmerksam, die zwischen Regierungsbehörden auf verschiedenen Ebenen entstehen und eine zeitnahe Lösung von Problemen behindern. Beispielsweise ist der Regierungsausschuss für Geologie für die Erkundung der Wasserressourcen in Kasachstan verantwortlich, während der Ausschuss für Wasserressourcen die Pipeline-Infrastruktur kontrolliert. Andere lokale Exekutivorgane verwalten die Planung und den Aufbau von Netzwerken. Allerdings erledigt nicht jede Region die notwendigen Arbeiten unverzüglich. Eine solche Erklärung gab Marat Qarabaev, Minister für Industrie und Infrastrukturentwicklung, kürzlich bei einer Regierungssitzung ab.

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Der Wassersektor ist außerdem mit einem erheblichen Verschleiß an Leitungen konfrontiert. Im Allgemeinen liegt der Grad der Verschlechterung der Wasserversorgungsnetze bei 43 Prozent. Allerdings spiegelt diese Zahl nicht das Ausmaß problematischer Netzwerke in allen Regionen wider. Die höchste Verschlechterung der Infrastruktur wird in den Gebieten Almaty (58 Prozent), Ostkasachstan (54 Prozent), Aqmola (52 Prozent) und Abaı (51 Prozent) beobachtet. Das Gebiet Atyraý weist mit 29 Prozent den niedrigsten Verschleiß auf.

Im Jahr 2023 stellten die Behörden ein beträchtliches Budget von 544 Millionen Euro für den Bau und Erneuerung von Wasserversorgungs- und Abwassersystemen in ganz Kasachstan bereit. Die Regierung plant, bis 2025 1 395 Dörfer und 25 Städte, die derzeit keinen vollständigen Zugang zu Wasser haben, zu versorgen.

Ein UN-Gipfel, um die Wasserprobleme zu lösen?

Am 8. und 9. Juni fand in der Hauptstadt das Astana International Forum statt, an dem Präsident Toqaev und die Staatsoberhäupter mehrerer anderer Staaten, darunter Kirgistans Präsident Sadyr Dschaparow und der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, teilnahmen. Bei dem Treffen schlug Toqaev vor, im Jahr 2026 in Kasachstan einen regionalen Klimagipfel unter der Kontrolle der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen abzuhalten.

„Unser Land könnte enorme Chancen für eine grüne Wirtschaft bieten und zu einem Zentrum für erneuerbare Energien werden. Allerdings ist die Zeit nicht auf unserer Seite. Wir brauchen Ressourcen und Partnerschaften, um mit der nötigen Geschwindigkeit zu dekarbonisieren und eine grüne Wirtschaft zu schaffen“, erklärte das kasachstanische Staatsoberhaupt.

Um eine ökologische Katastrophe in der Region zu verhindern, fordert Kasachstan darüber hinaus eine verstärkte internationale Unterstützung für den Fonds zur Rettung des Aralsees. „Wasser und Klimawandel sind eng miteinander verbunden. Zentralasien ist eine Region, in der Wassersicherheit nur durch enge Zusammenarbeit und wirksam ausgewählte gemeinsame Maßnahmen erreicht werden kann“, schloss der Präsident.

Sherzod Babakulov

Aus dem Russischen von Robin Roth

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