Der Bildschnitzer Amanmuhammed Hydyrow lässt sich von der Schönheit der Natur inspirieren, wenn er mit seinen Skulpturen poetische Motive kreiert. In seiner Arbeit fand er den Sinn des Lebens. Folgender Artikel von Selbi Tscharyewa erschien im russischen Original bei Orient.tm, wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Geboren wurde er in Mary, im Südosten Turkmenistans. Aber das sei lange her, das Datum nennt er nicht. Stattdessen meint er: Seine Jahre sind sein „Schatz“. Der Künstler und Holzbildhauer Amanmuhammed Hydyrow verbringt den Großteil seines Lebens in der Werkstatt, wo er nicht nur Skulpturen schnitzt.
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„Wenn ich mit Holz arbeite, dann atme ich diesen unvergleichlichen Duft frisch gesägten Materials ein, und echte Inspiration befällt mich“, erklärt Hydyrow. „In meinem Kopf entstehen, außer Konstruktion und Formen einer Abbildung, Szenen aus dem Leben, Erinnerungen an Vergangenes. Und so wird mit der Skulptur ein poetisches Motiv geboren.“
Studium der geheimnisvollen Kunst
Im Jahr 1962 kam Amanmuhammed Hydyrow an die Kunsthochschule in Turkmenistans Hauptstadt Aschgabat. Dort begann seine künstlerische Karriere. Um auch die letzten Feinheiten der von ihm gewählten Richtung zu erlernen, absolvierte er später außerdem das Fach Künstlerische Metall- und Holzbearbeitung an der renommierten Stroganow-Kunstschule in Moskau.
„Jene unbezahlbaren Lehrjahre schenkten mir viel Wissen, auf das ich mich stützen konnte, um die Kunst als solche zu ergründen“, erinnert sich der Bildschnitzer heute. Zunächst beschäftigte er sich mit der Geschichte der Teppichweberei, denn in den verzwickten Mustern der Teppiche schien sich für ihn etwas Geheimnisvolles zu verstecken. Mit der Zeit erweiterte sich der Kreis seiner Interessen, so dass er mit seinem gesammelten Forschungsmaterial insgesamt fünf Bücher veröffentlichte.
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Eine seiner letzten wissenschaftlichen Arbeiten ist das Methodenhandbuch „Die geheime Welt der Kunst“. In dem Lehrbuch, vorgesehen für Kunstschüler, erläutert Hydyrow seine eigenen Kompositionsprinzipien. Kern seiner Methode ist die sogenannte „Unendlichkeit der Schöpfung“, die besagt, dass schon der Prozess der Beobachtung der Umwelt in der Lage ist, immer wieder neue Kunstwerke zu erschaffen. Im Jahr 2017 erhielt der Künstler für diese Arbeit den Titel eines Ehrenmitglieds des Machpirat-Instituts für Geschichte der Völker Mittelasiens in der usbekischen Hauptstadt Taschkent.
Von der Libelle zum Schmuckstück
„Die menschliche Wahrnehmung basiert auf der Wahrnehmung der natürlichen Schönheit“, so der Bildhauer. „Während er die Anmut der äußerlichen Welt betrachtet, saugt der Mensch alles Gute in sich auf, entwickelt die Schönheit in seinem Bewusstsein und kann diese dann in seiner Kunst abbilden.“ Man müsse sich nichts Spitzfindiges ausdenken, das wache Auge eines Künstlers könne sofort die Bilder der Natur lesen, die mit der Kunst harmonieren. „Ich sehe eine Libelle und erstelle aus ihren Umrissen geometrische Figuren; ich verwandle das lebendige Wesen in Ornamente auf einem Blatt Papier. So entstehen auch viele Schmuckstücke“, ergänzt Hydyrow.
Er könne, so sagt er, die Bilder berühmter Persönlichkeiten aus dem Gedächtnis darstellen, verlasse sich dabei vollends auf seine Erinnerung. Besonders viel bedeutet ihm seine Holzskulptur des turkmenischen Komponisten Nury Halmämmedow. Die habe er in kürzester Zeit geschnitzt, erinnert sich Hydyrow, buchstäblich in einem Anfall von Inspiration. Die Wurzel eines gefällten Baumes verwandelte sich so wie durch einen Zauberstab in die Figur des Musikers.
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Amanmuhammed Hydyrow ist heute ein weiser Mann, nicht mehr jung. Allein in seiner Arbeit hat er für sich den Sinn des Lebens gefunden. Seine Holz- und Gipsarbeiten schmücken die Parks in Aschgabat und werden einigen Museen im Ausland ausgestellt. Derweil teilt der Meister weiter sein Wissen mit jungen Künstlern. Er lehrt an der Kunsthochschule in Aschgabat und grübelt noch immer weiter über neuen Ideen. Denn: Die Schöpfung ist wahrlich unendlich.
Selbi Tscharyewa für Orient.tm
Aus dem Russischen von Peggy Lohse
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