Die Kosten für die großen Familienfeiern in Kirgistan sind immens. Und dennoch, es gehört zum guten Ton teurere Hochzeiten, Geburtstage und Jubiläen auszurichten. Diese Kosten führen oft zur Auswanderung nach Russland, zu Scheidung und Armut. Eine Bilanz.
Den Kirgisen ist ihre Feier-Kultur heilig. Jeder war mindestens ein- oder zweimal auf einer Hochzeit, einer Toyi (Anm. d. Red.: große Feste) oder einem Jubiläum. Zu diesen Festen werden etwa 200 bis 300 Gäste eingeladen. Alle Gäste bringen Geschenke zur Hochzeit. Solche Feste zu organisieren ist dennoch sehr teuer.
Kredite für Hochzeiten
Um ein großes Familienereignis gebührend feiern zu können, muss eine Familie ungefähr 1.500.000 Som (etwa 21.000€) aufbringen. Insgesamt werden in Kirgistan jedes Jahr etwa 1,8 Milliarden Euro für Familienfeiern ausgegeben.
Der ehemalige Leiter des öffentlichen TV und Radiosenders Sultan Dschumagulov schrieb im November 2012, auf der Webseite Kloop.kg: „Die Schulden der kirgisischen Republik betragen mehr als 1,35 Milliarden Euro, 34 % der Bevölkerung leben in Armut, und 9 % der Bevölkerung sind arbeitslos.“
Die meisten Leute haben daher kein Geld, um Familienfeste wie eine Hochzeit zu finanzieren. Daher nehmen sie einen Kredit auf, so die Webseite Sputnik.kg.
Teure Traditionen
Die Kosten für Hochzeiten sind so hoch, weil es viele kostspielige Traditionen gibt. So ist es üblich, mindestens zehn Autos aufwändig zu schmücken. Das Paar und ihre Freunde verbringen den Vor- und Nachmittag in der Stadt, besuchen bestimmte Plätze wie die „Ewige Flamme“ und lassen sich dabei fotografieren; ein teurer Spaß.
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Nachts wird die „Toyi“ im Restaurant weitergefeiert. Dort werden die Gäste, Freunde und Paare bespaßt. Tanz und Musik wird von professionellen Gruppen dargeboten. Danach wird zu Hause die „Nikah“ organisiert. Die Nikah ist der religiöse Teil der Hochzeit, bei der der Mullah das Paar unter Allah verheiratet.
Gesetze für kleinere Hochzeiten?
Früher gab es auf jeder Hochzeit ungefähr 300 bis 400 Gäste. Im Jahr 2011 aber hat sich der Abgeordnete Kanybek Osmanaliev der Partei „Ar-Namys“ dafür ausgesprochen, die Anzahl der Gäste auf maximal 200 Menschen zu beschränken.
2015 unterzeichnete der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew ein Gesetz, das die Anzahl der Autos – oft Limousinen oder Hummer – die für eine Hochzeit gemietet werden dürfen, auf fünf reduziert. Wer mehr Autos mieten will, muss eine Strafe zahlen. Das Geld, das im Schnitt für Hochzeiten aufgebracht wird, könnte eine durchschnittliche kirgisische Familie mehrere Jahre ernähren, so die stellvertretende Ministerpräsidentin Gulmira Chudajberdijewa.
Keine Besserung in Sicht
Die Sorge der Politiker scheint der Großteil der kirgisischen Bevölkerung aber nach wie vor nicht zu teilen. Radio „Azattyk“ berichtete im November 2013, dass das Feiern von Hochzeiten auf Kredit inzwischen „eine Tradition“ in Kirgistan geworden ist; trotz der gesetzlichen Beschränkungen.
Die teuersten Hochzeiten werden in Osch und Bischkek gefeiert. Da all diese Hochzeiten auf Pump gefeiert werden, ist die Arbeitsmigration in Kirgistan sehr hoch. Junge Kirgisen arbeiten oft jahrelang in Russland unter widrigen Bedingungen, um ihre Schulden abzubezahlen. Für die Zukunft muss einen Weg gefunden werden, die kirgisischen Traditionen beizubehalten, ohne unsere Wirtschaft zu ruinieren.
In dieser kleinen, dreiteiligen Reihe schreiben Sprachstudenten der Amerikanischen Universität in Bischkek über von ihnen ausgewählte Themen. Entstanden sind sie im Rahmen eines von Novastan-Redaktion geleiteten Seminars.
Von Anarbek Kyzy Asel
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