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Wie 1993 der Tenge in Kasachstan eingeführt wurde

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR stand Kasachstan vor der Frage: im Geltungsbereich des von Russland geschaffenen neuen Rubels zu verbleiben und sich in der Währungs-, Haushalts-, Steuer-, Sozial- und Außenwirtschaftspolitik vollständig abhängig zu machen, oder eine eigene Währung zu schaffen. Man entschied sich für die Nationalwährung Tenge, deren Geschichte hier erzählt wird.

Kasachstans Nationalwährung in ihrem heutigen Aussehen (Photo: Nationalbank Kasachstans)

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR stand Kasachstan vor der Frage: im Geltungsbereich des von Russland geschaffenen neuen Rubels zu verbleiben und sich in der Währungs-, Haushalts-, Steuer-, Sozial- und Außenwirtschaftspolitik vollständig abhängig zu machen, oder eine eigene Währung zu schaffen. Man entschied sich für die Nationalwährung Tenge, deren Geschichte hier erzählt wird.

Anfang 1992 wurde in Kasachstan die „Strategie zur Schaffung und Entwicklung Kasachstans als unabhängiger Staat“ erarbeitet. Dies war der erste nationale Dreijahresplan. In dieser Strategie kündigte die Republik ihre Absicht an, eine nationale Währung einzuführen, jedoch mit einem Vorbehalt: erst nach Überwindung der Krise und Stabilisierung der Wirtschaft sollte dieses Thema in Betracht gezogen werden.

„Der sowjetische Rubel wurde als gemeinsame Währung der Übergangszeit angesehen, weil wir damals noch nicht bereit für den Übergang zu einer neuen Währung waren. Darüber hinaus wurde der gesamte Warenhandel in Rubel abgerechnet. Und die russische Führung versprach, den Rubelraum für einige Zeit zu schützen. Aber plötzlich tauchten in Russland Menschen auf, die uns Bedingungen auferlegen wollten: entweder ihr bleibt dauerhaft im Raum des Rubels, oder wir zerstören eure Wirtschaft“, schreibt der erste Präsident Kasachstans Nursultan Nazarbaev in seinem ersten Buch „Der kasachstanische Weg“.

Bis zur ersten Hälfte des Jahres 1992 erhielt Kasachstan kostenlos Geld von der russischen Zentralbank, aber im Anschluss an die Aufteilung der Haushalte musste der Rubel bereits gekauft werden. Daraufhin verspürte das Land sofort einen Bargeldmangel. Kasachstan musste sich Rubel „auf Kredit“ leihen und später stellte Russland Schulden in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar in Rechnung. Diese konnten erst nach einigen Jahren bei der Kalkulation für das Kosmodrom Baikonur abgeschrieben werden.

Das Zahlungssystem des Landes funktionierte nur über das Korrespondenzkonto der kasachstanischen Nationalbank in Moskau. In einigen Fällen vergingen für Überweisungen und Zahlungen mehr als sechs Monate. Sämtliche Aufgaben der Staatsbank der UdSSR gingen auf die Zentralbank Russlands über, ausschließlich Russland konnte Geldausgaben tätigen und allen Sowjetrepubliken monetäre Unterstützung leisten. Es verteilte das Geld jedoch nicht nach deren Bedürfnissen, sondern nach eigenem Ermessen.

Zunächst befürwortete Kasachstan die Beibehaltung der Rubelzone auf bestimmte Zeit: Die Aktivitäten praktisch aller Unternehmen waren an Zahlungen in Rubel gebunden, und die Einführung der Landeswährung erforderte Zeit und erhebliche Mittel. Russland begann jedoch, die Zuweisung von Bargeld an Kasachstan einzuschränken, im Frühjahr 1992 erhielt das Land kein Geld mehr, und ein Jahr später, im Mai 1993, stellte die russische Regierung die technische Kreditvergabe an die GUS-Staaten vollständig ein.

Als die Zentralbank von Russland 1993 schließlich mit der Einführung neuer Banknoten begann, wurde Kasachstan versichert, dass dies die Währung der Rubelzone sein wird und dass es keinen plötzlichen Umtausch von Banknoten der UdSSR der Serien 1961 – 1992 geben wird. Kasachstan erhielt jedoch keine neuen Banknoten, und im Juni 1993 gerieten die Verhandlungen mit der russischen Regierung über die Schaffung einer Rubelzone endgültig in eine Sackgasse. Man schlug Kasachstan vor, „denselben Manipulationsmechanismus mit Hilfe von Rubelbargeld nachzubilden – nur bereits in Abhängigkeit von der Landeswährung Russlands“.

„… als Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Präsidenten Kasachstans Nursultan Nazarbaev und dem Vorsitzenden der Zentralbank Russlands, Viktor Geraschenko, wurde keine optimale Lösung für die Durchführung einer Währungsreform in Kasachstan gefunden. Die in das Treffen gesetzten Hoffnungen, es würde die Lage im Finanzbereich beruhigen und die Schlüsselfragen der währungspolitischen Beziehungen zwischen Russland und Kasachstan lösen, haben sich also nicht erfüllt.

Das einzige konkrete Ergebnis des Treffens war die Entscheidung, eine Arbeitsgruppe auf der Ebene der Bereichsleiter der Nationalbanken Kasachstans und Russlands einzurichten – innerhalb von einer Woche müssen diese im Detail alle möglichen Optionen zur Lösung des Problems des Banknotenumtausches prüfen. […] Dass es zu keinen echten Ergebnissen auf dem Treffen kam, ist offensichtlich auf die Unmöglichkeit zurückzuführen, den Übergang zu russischem Geld in Kasachstan in naher Zukunft umzusetzen. Wie bekannt wurde, verfügt die Nationalbank der Republik nicht über genügend neue russische Banknoten.“, schreibt die Zeitung „Panorama“ am 21. August 1993.

Damals verschlechterte sich die soziale und wirtschaftliche Situation in Kasachstan. Der Produktionsrückgang in der ersten Hälfte des Jahres 1993 konnte nicht gebremst werden, es kam zu einer „Verstärkung der Krisenprozesse“, die makroökonomische Instabilität nahm zu, die Investititonstätigkeit nahm stark ab, das Ungleichgewicht des Geldumlaufs vergrößerte sich und die Inflationsrate blieb auf hohem Niveau. Die Hyperinflation lag beispielsweise im Jahr 1992 bei 3000 Prozent und im Jahr 1993 bei 2265 Prozent.

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Die Menschen in Kasachstan erinnern sich an eine Zeit „astronomischer“ Lebensmittelpreise, Warteschlangen für Brot, leere Regale in den Geschäften und einer großen Unsicherheit. „Vor dem Übergang von Rubel auf Tenge gab es eine Zeit, in der Lebensmittel auf Lebensmittelmarken ausgegeben wurden, es herrschte Brotknappheit. Man konnte nicht einfach wie heute zu jeder Tageszeit in den Laden gehen und Brot kaufen“, sagt Natalia Katuntseva, Einwohnerin der Stadt Esik im Gebiet Almaty.

Gulıa, eine Bewohnerin des Dorfes Erkin, erinnert sich, dass vor der Einführung der nationalen Währung „alle Lebensmittel, alle Kleintiere plötzlich unglaubliche Summen kosteten“. Ein Liter Sauerrahm beispielsweise kostete 100-200.000 Rubel, ein Kilogramm Schafskäse 200.000 Rubel. Sie sagt, für die einfachen Menschen war alles unglaublich teuer.

Alma, eine andere Bewohnerin des Dorfes, erzählte, dass es aufgrund der starken Abwertung des Rubel bereits praktisch unmöglich war, mit diesem Geld etwas zu kaufen. „Ich erinnere mich, dass ich Urlaubsgeld erhalten hatte – eine ganze Tasche voller Geld, 600-700.000 sowjetische Rubel. Ich wusste nicht, was ich dafür kaufen sollte. Für 300.000 habe ich einen Kinderwagen gekauft. Und als wir schon zum Tenge übergegangen sind, kostete der nur noch Kopeken – 50 Tenge“, sagt sie.   

Mit der Entscheidung, eine eigene Währung einzuführen, zog Kasachstan drei Varianten in Betracht: die Einführung eines kasachstanischen Rubels mit Banknoten in der Stückelung 5, 10 und 50.000 Rubel und dessen Herstellung in Russland; die Einführung einer nationalen Zwischenwährung für 1 bis 2 Jahre sowie die anschließende Einführung einer echten nationalen Währung parallel zum Rubel; oder die sofortige Einführung des Tenge. Am Ende entschied man sich für die letzte Option, und im Februar 1992 stellte Nazarbaev der Nationalen Staatsbank trotz der schwierigen Phase die entsprechende Aufgabe: ein groß angelegter Produktionsrückgang, der Bruch in den Wirtschaftsbeziehungen, sowie der Kollaps der Währungsbeziehungen zwischen den früheren Sowjetrepubliken.

Die Bevölkerung Kasachstans stand der Einführung einer nationalen Währung skeptisch gegenüber. Die Agentur für öffentliche Kommunikation „BRIF“ führte im Juli 1992 eine Bevölkerungsbefragung durch. 32 Prozent der Befragten waren der Meinung, die Einführung einer nationalen Landeswährung sei nicht erforderlich. 21 Prozent gaben an, dass die Einführung einer Landeswährung das Leben der Bevölkerung noch verschlechtern würde. 33 Prozent glaubten, dass dies im Allgemeinen nur geringe Auswirkung auf das Leben der Bürger haben werde.

Ein Jahr später, im Juli 1993, waren 34 Prozent der Meinung, dass die Einführung einer eigenen Währung nicht erforderlich sei. 41 Prozent meinten, dass dies nicht in naher Zukunft erfolgen sollte. 48 Prozent glaubten, dass die Einführung einer nationalen Währung das Leben der meisten Menschen verschlechtern würde. Die Agentur stellte fest: Obwohl nach einem Jahr mehr Klarheit in der Bewertung der Einführung einer nationalen Währung herrschte, wurde sie von jedem zweiten Befragten negativ bewertet. Im Jahr 1992 war es noch jeder fünfte.

Kasachstan, das sich auch weiterhin um die Beibehaltung einer einheitlichen Rubelzone bemühte, bereitete sich gleichzeitig auf die Einführung einer eigenen Währung vor. Diese Vorbereitungen liefen im geheimen ab, lediglich sieben Personen wussten davon: Nazarbaev selbst, der Vize-Präsident Erik Asanbaev, der mit der Gesamtleitung der Vorbereitung einer Landeswährung vertraut war, der Vorsitzende des Obersten Rates Serikbolsyn Abdildin, der Vorsitzende des Finanz- und Haushaltsausschusses des Obersten Rates Sauk Takejanov, der Erste Vorsitzende der Nationalen Staatsbank Galym Baınazarov, sein Stellvertreter Mirsultan Tursunov, sowie der Leiter der Direktion der sich im Aufbau befindlichen Nationalbank Núrlan Kojamuratov.

Gleichzeitig wurde, ebenfalls vertraulich, ein Kreativteam zusammengestellt, das an der Gestaltung der neuen Währung arbeitete. Dieser gehörten Mendybaı Alin, Timur Suleımenov, Agimsaly Duzelhanov und Haırully Gabjalilov an. Ihnen wies man eine Datscha auf dem Land zu, wo sie zweieinhalb Monate arbeiteten. Verschiedene Gestaltungsvarianten wurden für den Tenge diskutiert: es gab Skizzen in der farblichen Gestaltung des sowjetischen Rubels, Geldscheine mit aufwändigen kasachischen Ornamenten, oder Scheine, die dem Dollar ähnlich waren.

Die Künstler schlugen sogar Banknoten mit dem Abbild Nazarbaevs vor, aber er selbst lehnte diese Idee ab. Nach langer Diskussion entschied man sich schließlich für eine Variante mit Darstellungen berühmter und historisch bedeutsamer Persönlichkeiten Kasachstans. Die Portraits für die ersten Banknoten wurden nach Schädelmodellen gestaltet, die Anthropologen für die Designer erstellt haben. Ebenso wurden die Arbeiten englischer, deutscher, skandinavischer und russischer Wissenschaftler verwendet.

„Wir waren in Eile. Wir haben im Durchschnitt nur drei Stunden geschlafen. Innerhalb von drei Monaten haben wir die ersten Entwürfe für den Tenge erstellt. Eine Besonderheit der ersten nationalen Währung ist es, dass wir sie mit unseren eigenen Händen gezeichnet haben!“, erzählte Mendybaı Alin vor einigen Jahren im Interview mit „Kazinform“.

Es wurde viel über den Namen der Landeswährung gestritten. Man schlug vor, sie „Tanga“, „Som“, „Sum“ oder „Altyn“ [kasachisch für „Gold“, Anm. d. Red.] zu nennen. Der letztere Vorschlag gefiel Nazarbaev sehr gut, aber schlussendlich entschied man sich für den Namen „Tenge“: der turksprachige Name für die auf dem Gebiet der Kyptschak-Steppe im Umlauf gewesenen Münzen war „Tanga“.

Man schaute sich auch nach ausländischen Firmen um, die dazu in der Lage waren, das erste Geld heimlich und in kürzester Zeit zu drucken, denn Kasachstan besaß keine Notendruckereien, alles wurde aus Moskau importiert. Die Wahl fiel auf die britischen Unternehmen „Harrison and Sons“ sowie „Thomas de la Rue“, die über umfangreiche Erfahrung in diesem Bereich verfügen und zudem absolute Vertraulichkeit über den Vertrag zusichern konnten. Und während der Herstellung der bestellten Auflage wurden die Banknoten unter dem Deckmantel der Industriefracht heimlich nach Kasachstan geliefert. In nur einer Woche wurden im Geheimen 19 Flüge von London ausgeführt, anschließend brauchte es eine weitere Woche, um das Geld an die Banken zu liefern.   

Am 12. November 1993 unterzeichnete Nursultan Nazarbaev ein Dekret „Über die Einführung der Landeswährung der Republik Kasachstan“: „Ab 08.00 Uhr (Ortszeit) des 15. Novembers 1993 wird die Landeswährung der Republik Kasachstan – der Tenge – auf dem Territorium der Republik Kasachstan im Umlauf gebracht. Es wird festgestellt, dass ab 08.00 Uhr (Ortszeit) des 18. November 1993 der Tenge das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in der Republik Kasachstan ist. Ein Tenge ist in 100 Tiyn unterteilt. In der Republik Kasachstan ist Bargeld in der Form von Banknoten und Münzen im Umlauf. Der Tenge ist auf dem Territorium der Republik Kasachstan bei allen Arten von Zahlungen von allen natürlichen und juristischen Personen, unabhängig von der Eigentumsform, sowie von Banken zur uneingeschränkten Gutschrift auf Einlagen und Konten obligatorisch.“

Noch am selben Abend wandte er sich im Fernsehen an die Bevölkerung des Landes und kündigte die Einführung der ersten nationalen Währung in der Geschichte Kasachstans an. Und dann wurde die erste Serie Banknoten in Umlauf gebracht. Die 1-Tenge-Banknote zeigte ein Portrait von al-Farabi, die 3-Tenge-Banknote Suıunbaı, die 5-Tenge-Banknote Qurmanģazy, die 10-Tenge-Banknote Shoqan Uálihanov, die 20-Tenge-Banknote Abai Qunanbaev, die 50-Tenge-Banknote Abulchair-Khan und die 100-Tenge-Banknote Abylaı-Khan. Dabei wurde die erste Banknotenserie 1993-1994 nur in kasachischer Sprache gedruckt.

Die Panik der Käufer und der erste Geldwechsel

In den Monaten bis zur Einführung der nationalen Währung herrschte Panik im Land: Die Menschen kauften einfach alles auf und tauschten Geld in Fremdwährungen. In einigen Regionen Kasachstans wurde die Einfuhr alter Banknoten eingeschränkt. So verbot beispielsweise die Verwaltung der Stadt Leninsk (heute Baikonur) die Einfuhr von Mengen über 100.000 Rubel pro Person, und auch der Verkauf von langlebigen Konsumgütern wie Fernsehern, Kühlschränken usw. wurde vorübergehend eingeschränkt. In Jezqasģan wurden ähnliche Entscheidungen getroffen. Am Flughafen wurden die Geldbeträge durch den Zoll sowie von den nationalen Sicherheitsbehörden und dem Innenministerium kontrolliert. Außerdem wurden strenge Normen für den Export von Lebensmitteln, Industriegütern und Vieh aus der Region festgelegt.

In den ersten drei Tagen nach Bekanntgabe der Einführung der Nationalwährung verstärkte sich die Panik der Käufer nur noch. Wie es in den archivierten Veröffentlichungen der Medien heißt, kauften die Menschen Graupen, Hirse und sogar zwei Wochen alte Zeitungen. Gleichzeitig wurden in vielen Städten sogar Lebensmittelgeschäfte geschlossen. Und in denen, die geöffnet hatten, standen die Menschen Schlange für Brot und Milch. Die Preise schossen in diesen Tagen in die Höhe, während die Menschen versuchten, ihre wertlos gewordenen Ersparnisse loszuwerden und so viel zu kaufen, wie nur irgend möglich. Und dies, obwohl die Behörden versuchten, Maßnahmen zu ergreifen, um den massenhaften Wertverlust und den kompletten Aufkauf aller Waren an diesem Tag zu verhindern.

„Es war die Rede davon, dass man das Geld umtauschen sollte, da der sowjetische Rubel bereits nichts mehr wert war, die Preise gingen in die Tausende. Alles war bereits sehr teuer, aber die Preise stiegen weiter. Vor dem Umtausch begannen die Menschen, in den Geschäften einfach alles zu kaufen, ob sie es brauchten oder nicht, ob es teuer war oder nicht – man hatte Angst, es überhaupt nicht mehr besser werden würde“, erinnert sich Natalia Katuntseva.

Die neue Währung wurde am 15. November 1993 eingeführt. Von diesem Tag an war auf dem Gebiet der Republik Kasachstan der Umlauf von Staatsanleihen und Banknoten der Staatsbank der UdSSR und der Bank Russlands der Jahre 1961 bis 1992 in den Stückelungen 1.000, 5.000 und 10.000 Rubel, und ab dem 18. November der Umlauf von Rubel in den Stückelungen 1 bis 500 verboten. Der Umtausch sowjetischer Rubel in Tenge dauerte bis zum 20. November.

Gleichzeitig wurde eine Einschränkung eingeführt: Es war nur möglich, maximal bis zu 100.000 Rubel pro Person umzutauschen. Im Pass wurde ein Stempel angebracht, um auszuschließen, dass Rubel bei zwei oder mehr Banken gleichzeitig umgetauscht wurden. Beträge, die dieses Limit überstiegen, wurden zum Kurs von 1 Tenge für 500 Rubel einem speziellen Privatkonto ohne Nutzungsrecht für sechs Monate gutgeschrieben. In dieser Zeit prüfte eine Sonderkommission die Quelle und Rechtmäßigkeit der Herkunft. Die Freigabe dieser Konten erfolgte nur mit Genehmigung dieser Kommission.  

Aufgrund der eingeführten Beschränkungen waren diejenigen, die über größere Geldbeträge verfügten, dazu gezwungen, nach anderen Möglichkeiten des Bargeldumtausches zu suchen. Sie suchten nach Mittelsmännern, vor allem unter Studenten, die für einen kleinen Prozentsatz Rubel in Tenge als ihr eigenes Geld umtauschten. Aber diese legten ihre eigene „Gebühr“ für diese Dienstleistung fest: von 25.000 Rubel bis zu 100.000 Rubel. Auch wurden Fälle von Amtsmissbrauch registriert. In Almaty beispielsweise versuchte ein Fahrer der „Kazsberbank“, 400 Tenge für 800.000 russische Rubel zu verkaufen. Ein Postbeamter versuchte, mit den Pässen seiner Bekannten 40 Millionen Rubel gegen 2.800 Tenge einzutauschen. Bei der Durchsuchung seines Arbeitsplatzes wurden 24 Pässe ohne Vermerk auf den Geldwechsel gefunden.

„Ich erinnere mich, als der Geldumtausch begann, haben diejenigen, die kein eigenes Geld hatten, für andere gegen eine gewisse Belohnung Geld als ihr eigenes umgetauscht. Es gab auch Menschen, die über große Geldbeträge verfügten, aber keine solche Mittelsmänner zum Umtausch finden konnten. Sie haben damit begonnen, im großen Umfang Waren zu tauschen, die zumindest einen gewissen Wert hatten. Einige haben versucht, in Dollar zu investieren.

Zu dieser Zeit war der „Schwarzmarkt“ für Dollars weit verbreitet. Beispielsweise gab es an der Straßenecke Gogol-Straße und Qunaev-Straße eine Bank und ganz in der Nähe hingen ständig Devisenhändler herum. Man konnte die Devisen nicht direkt kaufen, aber man konnte zu ihnen gehen und bei ihnen Dollar zu einem bestimmten Kurs kaufen. Wer konnte, kaufte hier. Wer etwas übrig hatte, versuchte, so viel wie möglich zu investieren, bis zu dem Moment, als der Rubel nicht mehr im Umlauf war. Deshalb ist wirklich alles nur Denkbare aus den Geschäften verschwunden“, erzählt Aleksej Feoktistov, Einwohner von Almaty.

Im Laufe einer Woche, in der Zeit des Umtausches des alten Bargeldes in die kasachstanische Währung, stieg in Almaty die Nachfrage nach sowjetischen Geldscheinen – die Straßendealer kauften sie zu einem Kurs von einem US-Dollar zu 7000 Rubel, dann von einem US-Dollar zu 3000 Rubel. Unmittelbar nach der Ankündigung des Übergangs zur Nationalwährung allerdings erreichte der US-Dollar die Höchstmarke von 20.000 bis 30.000 Rubel (aus der Zeitung „Panorama“ vom 20. November 1993).

Aleksej Feoktistov erinnert sich, dass er als Jugendlicher das nach dem Umtausch übriggebliebene Geld der Familie zu „investieren“ und sich dann einen Taschenrechner kaufte, den er noch immer in funktionstüchtigem Zustand besitzt: „Ich habe das gesamte Geld gesammelt, das es in der Familie gab. Hätte ich es in Dollar eingetauscht, hätte ich 15 Dollar bekommen. Heutzutage wird in Kryptowährung und in Bitcoins investiert, aber ich habe in einen Taschenrechner investiert.“

Die Verwandten der Almatinerin Tatiana Vorobeva versuchten ebenfalls, die höchsten Verluste zu vermeiden, und teilten das Geld in der Familie auf. „Ich war damals zehn Jahre alt. Ich erinnere mich, dass mütterlicherseits keiner der Verwandten eine solch hohe Summe besaß, als dass sie sich ernsthaft um den Umtausch hätten Gedanken machen müssen. Jeder ging los, und veränderte sich innerhalb seiner Grenzen. Aber auf Seiten des Stiefvaters war die Panik groß: Sie hatten das Geld zuhause, es war ein großer Betrag. Nach damaligen Maßstäben war es der Wert von zwei Wolgas. Und dann stieg meine Mutter mit ein: das ganze Geld wurde unter den Verwandten aufgeteilt und alle gingen los und tauschten das Geld um, und dadurch betrug der Verlust nur etwa 500 Rubel“, erzählt sie.

Nach ihren Worten kam die Panik erst später: „Wenn man statt einer anständigen Summe im Verhältnis 1:500 praktisch nichts bekommt, dann heißt das schon etwas“.

Am 15. November stellten sich die Rentner von Jambyl ab 4 Uhr morgens in die Schlange am Postamt an, aber die Bank hielt das Geld zurück. Auch in Jezqasģan verzögerte sich die Geldausgabe. In Almaty gab es Schlangen an den Sparkassen und an den Postfilialen. In Shymkent blieben die Regale in den Geschäften leer…

Auch in Issyk (heute Esik) entstanden laut Natalia Katuntszeva in der Zeit des Geldumtauschs Warteschlangen. Und sie merkt ebenfalls an, dass Menschen, die viel Bargeld besaßen, es sich von anderen gegen ein Entgelt umtauschen ließen. Aber in der Familie von Natalia und in ihrem Umfeld gab es niemanden, der große Summen Geld verloren hätte.

In dem Dorf Oktjabrskij allerdings, wo Alma damals lebte, war das Gegenteil der Fall: alle hielten Vieh, daher hatten, wie sie sagt, viele Menschen ihre „Verstecke“ zu Hause, aber viele Dorfbewohner verloren aufgrund der Beschränkungen beim Geldwechsel ihre Ersparnisse. Auch die Rentner litten, als auch das gesamte Geld in den Sparbüchern abgeschrieben wurde. Die Familie von Alma sparte für ein Auto, aber nach der Einführung des Tenge war von den Ersparnissen „fast nichts mehr übrig“. Mit Tenge konnte man bereits kein Auto mehr kaufen. 

„Wir haben gespart, wollten uns ein Auto kaufen. Damals kostete ein alter Schiguli 3.000 Rubel. Wir haben uns das Geld zusammengespart und alles in die Sparkasse einbezahlt. Als es umgetauscht wurde, blieb so gut wie nichts mehr übrig, und so kauften wir gar nichts“, erzählt Alma.

Einige aber konnten von der Situation profitieren: beispielsweise haben jene, die bei Banken Kredite zum Kauf von Wohnungen aufgenommen hatten, in der Zeit des unkontrollierten Preisanstiegs ihr Vieh verkauft und so ihre Kredite zurückbezahlt.

„Glück hatten diejenigen, die Kredite zum Hausbau oder zum Kauf aufgenommen hatten und es gerade noch geschafft haben, die Landwirtschaft zu verkaufen. Sie konnten sich auskaufen. Bei uns im Dorf lebte ein junger Facharbeiter, er kaufte eine Doppelhaushälfte für drei oder vier Millionen Rubel. Als der Geldumtausch stattfand, verkaufte er auf dem Markt einen Jungbullen für 4 Millionen und zahlte den Kredit ab“, merkt Gulıa, die Bewohnerin des Dorfes Erkin, an. 

Der erste Wechselkurs und eine Serie an Geldabwertungen

Die Vorteile der Einführung des Tenge beinhaltete, dass Kasachstan eine eigenständige Geldpolitik betreiben und einen direkten, einmaligen Geldwechsel für die Bevölkerung durchführen konnte. Aber es gab auch Nachteile: die technischen Probleme waren nicht vollständig geklärt, die gegründete Münzprägeanstalt schaffte es nicht, die erforderliche Menge an Münzen bis Jahresende zu prägen.

Daher wurde beschlossen, den Tiyn vorerst auf Papier zu drucken und erst mit Fertigstellung der Münzprägeanstalt vollwertige Münzen in Umlauf zu bringen. Auch ergab sich die Frage: wie sollte der Wechselkurs festgelegt werden. Es wurden Varianten eines variablen Zinssatzes, eines kontrolliert variablen Zinssatzes innerhalb einer Wertspanne, einer Bindung an den US-Dollar oder eines Währungskorbs berücksichtigt. Man beschloss, bei einem gesteuerten Kursfluss zu bleiben.

Der erste Kurs wurde von der Nationalbank des Landes auf 4,69 Tenge pro US-Dollar festgelegt, und bereits am 18. November passte die Nationalbank den Kurs an: 47,04 Tenge pro 10 US-Dollar.Am 17. November 1993 wurde zur Organisation und Entwicklung des nationalen Währungsmarktes die Valutabörse für den Bankensektor Kasachstans (heute KASE) gegründet. Die erste Fremdwährungsgeschäfte liefen in US-Dollar. Am 19. November nahmen 12 Banken am Handel teil, der Dollarkurs wurde auf einem Niveau von 4,68 Tenge fixiert.

Ursprünglich nahm man an, dass ein fester Tenge-Wechselkurs mit einer monatlichen Abwertung von 2-3 Prozent eingeführt würde, falls die Devisenreserven für eine effektive Steuerung des Wechselkurses nicht ausreichen würden. Hauptsächlich entscheidend war aber, einen einheitlichen Wechselkurs anzuwenden, den Unterschied in der realen Kaufkraft der Währungen jedoch durch andere Mechanismen während der Privatisierung unter Beteiligung ausländischer Investoren auszugleichen.

Die Sicherstellung der Landeswährung wurde aus vier Quellen konzipiert: den Gold- und Devisenreserven der Nationalbank, dem Währungsfonds des Landes, einem externen Stabilisierungsfonds, sofern dieser von internationalen Organisationen bereitgestellt wird, sowie einer positiven Zahlungsbilanz.

„Die anschließende Hauptaufgabe bestand darin, das Exportvolumen zu steigern und den Erhalt der Deviseneinnahmen aus dem Export in Ordnung zu bringen. In den ersten Jahren nach Einführung der Landeswährung herrschte ein erheblicher Mangel an inländischen Quellen für Fremdwährung. Der Abfluss von Fremdwährungen aus dem Land stellte eine Gefahr für die Stabilität des Wechselkurses dar“, erinnert sich Nazarbaev.

Um die Zahlungsfunktion des Tenge und das Vertrauen in die nationale Währung zu stärken, wurden Aus- und Einfuhrzölle auf Zahlungen in Tenge übertragen, verboten waren Einzelhandel in Fremdwährung und Tauschgeschäfte für juristische Personen. All dies ermöglichte es laut Nazarbaev, die Lage zu stabilisieren und mit der Konsolidierung der Landeswährung zu beginnen.

Zum „Belastbarkeitstest“ wurde allerdings die Finanzkrise in Russland im Jahr 1998. Eine deutliche Abwertung der Landeswährungen der Handelspartner Kasachstans führte zu einer realen Verteuerung. Große Deviseninterventionen der Nationalbank hatten nur eine vorübergehende Wirkung und führten zu einem deutlichen Rückgang der Gold- und Devisenreserven des Landes.

Es wurde notwendig, den Tenge abzuwerten, was am 4. April 1999 erfolgte. Zu jener Zeit wurde beschlossen, von der Praxis der kontrollierten Wechselkursschwankungen zur freien Schwankung des Tenge-Wechselkurses überzugehen. Lag der Dollarkurs am 4. April bei 88 Tenge, so kostete ein US-Dollar am Abend des 5. April 150 bis 160 Tenge. Bis August 1999 pendelte sich der Wechselkurs auf dem Niveau von 130-135 Tenge pro US-Dollar ein.

Nach Angaben der Regierung der Republik sollte der variable Wechselkurs in erster Linie dazu dienen, das Volumen der kasachstanischen Exporte zu stützen und zu steigern und es der Nationalbank ermöglichen, die kostspieligen Bemühungen zur Aufrechterhaltung des Tengekurses zu stoppen.

Die erste Abwertung des Tenge erfolgte im Zusammenhang mit sinkenden Weltmarktpreisen für Öl, der asiatischen Finanzkrise von 1997-1998 sowie dem russischen Zahlungsausfall im Jahr 1998. Am 4. Februar 2009 kam es in Kasachstan zur zweiten Abwertung der Landeswährung: Innerhalb weniger Stunden stieg der Wert des US-Dollars in den Wechselstuben von 128 auf 170 Tenge, später wurde der Wechselkurs des Tenge gegenüber dem US-Dollar auf 150 Tenge festgesetzt.

Die Anpassung des Wechselkurses der Landeswährung erfolgte erneut vor dem Hintergrund eines deutlichen Rückgangs der Ölpreise und der Abwertung der Landeswährungen in Ländern, die Handelspartner von Kasachstan waren, insbesondere in Russland: Dort betrug die Abwertung 44 Prozent. Die Nationalbank ging davon aus, dass die Abwertung des Tenge das potenzielle Defizit der Zahlungsbilanz Kasachstans halbieren und die Gold- und Devisenreserven schützen würde, da seit Ende 2008 6 Milliarden US-Dollar zur Stabilisierung des Devisenmarktes und der Aufrechterhaltung des Tenge-Wechselkurses ausgegeben wurden.

Die dritte Abwertung fand am 11. Februar 2014 statt – der Tenge verlor etwa 20 Prozent an Wert und fiel von 155 Tenge auf mindestens 185 Tenge pro Dollar. Zu diesem Zeitpunkt schrumpfte der Wert des Tenge gegenüber des US-Dollar seit der Einführung der Landeswährung um das 80-fache.

Zum vierten Mal verlor der Tenge im August 2015 deutlich an Boden, er fiel innerhalb eines Tages um 26 Prozent. Ein Dollar kostete nun 255 Tenge. Die Nationalbank kündigte eine neue Geldpolitik an, die auf Inflationszielen und einem frei schwankenden Wechselkurs basierte. Infolgedessen lag der Durchschnittskurs am Jahresende bereits bei 322 Tenge.

Bis zum Jahr 2020 war der Tenge-Wechselkurs relativ stabil, er lag im März 2020 bei 382 Tenge. Die Pandemie aber trug zu einer weiteren Schwächung der Landeswährung bei – der US-Dollar Stieg auf 400 Tenge. Im Jahr 2021 lag der Kurs bei 420 Tenge pro Dollar. Im Februar letzten Jahres wurde die Stabilität des Wechselkurses durch den Absturz des russischen Rubels im Zusammenhang mit der militärischen Invasion in der Ukraine und den darauffolgenden Sanktionen gegen Russland negativ beeinflusst. Der Dollarkurs erreichte 518 Tenge.

Um die Landeswährung zu stützen, führte die Nationalbank am 28. Februar Deviseninterventionen in Höhe von 98,1 Millionen US-Dollar durch. Das Volumen der Deviseninterventionen im März belief sich auf über 990 Millionen US-Dollar oder 29 Prozent des gesamten Devisenhandelsvolumens. Aufgrund der Stabilisierung der Lage am inländischen Devisenmarkt im April führte die Nationalbank keine weiteren Deviseninterventionen mehr durch. Mitte Juni berichtete der Chef der Nationalbank, Galymjan Pirmatov, dass die Gold- und Devisenbestände seit Jahresbeginn um 1,6 Milliarden US-Dollar zurückgegangen seien, auch aufgrund von Deviseninterventionen.

Die Nationalbank hält weiterhin am flexiblen Wechselkurssystem fest, und die Volatilität des Tenge hängt nun von der geopolitischen Lage und der Lage auf den Weltmärkten ab. 

Die Fotografien wurden von der Nationalbibliothek der Republik Kasachstan und dem Zentralen Staatsarchiv für Film- und Fotodokumenten und Tonaufnahmen der Republik Kasachstan zur Verfügung gestellt.

Irina Gumyrkina für Vlast

Aus dem Russischen von Philipp Dippl

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