Der ehemalige Präsident Almasbek Atambajew wird die Parteiliste der Sozialdemokratischen Partei Kirgistans bei den Parlamentswahlen 2020 anführen. Der Wunsch, sich erneut in die Politik einzubringen, steht in Zusammenhang mit den Spannungen zwischen Atambajew und dem aktuellen Präsidenten Sooronbaj Descheenbekow.
Bevor er die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Sooronbaj Dscheenbekow übergab, hatte der damalige Präsident Almasbek Atambajew erklärt, dass er „sich nicht mehr in der Politik engagieren“ werde. Das war 2017.
Am 22. Februar diesen Jahres bestätigte Atambajew, nunmehr Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Kirgistans (SDPK), dass er beabsichtige die Liste seiner Partei bei den Parlamentswahlen 2020 anzuführen. Die SDPK ist derzeit die mit Abstand stärkste Kraft im kirgisischen Parlament und stellt 95 von insgesamt 120 Angeordneten der Dschogorku Kengesch.
Keine Schlüsselposition
Atambajew beabsichtigt jedoch nicht Parlamentspräsident oder Premierminister zu werden. „Nach den Wahlen wird Almasbek Atambajew selbst entscheiden, ob er im Parlament sitzen möchte oder nicht. Aber noch einmal: Ich bestehe auf der Tatsache, dass er keinen Staatsposten bekleiden wird“, erklärte die Nummer zwei der Partei Irina Karamutschkina während einer Pressekonferenz vor lokalen Medien.
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Atambajew, der das Land von 2011 bis 2017 führte, meint, dass seine Partei sich nach „schwierigen Zeiten“ in einer Phase der Erholung befände. Das Ziel ist klar zum Ausdruck gebracht: Die 50.000 Mitglieder zählende Sozialdemokratische Partei soll wieder ein Schwergewicht im politischen Spiel sein, obwohl starke interne Spannungen die Partei fast zerreißen. Gegen den Parteichef stellt sich beispielsweise die parteiinterne Bewegung „SDPK ohne Atambajew“, die von Asylbek Dscheenbekow, dem Bruder des aktuellen Präsidenten gegründet wurde und von Abgeordneten wie Isa Omurkulowa unterstützt wird.
Korruptionsverdacht
Atambajew möchte gerne im Interesse des Landes das Kriegsbeil mit Sooronbaj Dscheenbekow begraben. Das ist zumindest die Botschaft, die der Ex-Präsident gerne verbreiten möchte. Tatsächlich erfolgt die Rückkehr auf die politische Bühne aber, da das ehemalige Staatsoberhaupt durch etliche Korruptionsvorwürfe ihm gegenüber geschwächt ist. Außerdem sind Wegbegleiter Atambajews, wie zum Beispiel der ehemalige Premierminister Sapar Isakow oder der ehemalige Bürgermeister von Bischkek Albek Ibraimow, Objekte gerichtlicher Verfolgung – ebenfalls wegen Korruptionsverdacht.
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Aus Sicht von Atambajews Lager sind die Korruptionsanschuldigungen lediglich politische Manöver um dem ehemaligen Staatsoberhaupt zu schaden. Ebenso das Gesetzesvorhaben, das ehemaligen Präsidenten die Immunität entziehen soll. Sollte das Gesetz durchkommen, könnte dies Atambajew teuer zu stehen kommen.
Dies könnte auch die Offensive von Irina Karamutschkina erklären. Diese erklärte auf der oben erwähnten Pressekonferenz, dass „das Gesetzesvorhaben […] impliziert, dass Atambajew der erste und der letzte Präsident sein wird, der friedlich seine Macht übergeben hat. Denn der nächste Präsident wird unter diesen Umständen Angst davor haben, selbst den Status „Ex“ zu erlangen.“
Roxane Poulain, Novastan-Korrespondentin in Bischkek
Aus dem Französischen von Robin Roth
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