Am 8. März sollte zum Weltfrauentag ein friedlicher Marsch in Bischkek stattfinden. Dieser wurde jedoch von maskierten Angreifern und vom Eingreifen der Polizei unterbunden. In Osch wurde ein analoger Marsch nach Drohungen ganz abgesagt.
Um die Mittagszeit des 8. März versammelten sich erst einmal ca. 100 Personen in Bischkek auf dem Platz des Sieges zu einem friedlichen Marsch aus Anlass des Weltfrauentags. In den letzten Monaten haben vermehrt Fälle von durch ihre Ehemänner verletzten oder ermordeten Frauen in Kirgistan Schlagzeilen gemacht. Demnach war auch das Hauptanliegen der DemonstrantInnen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen.
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Ehe der Marsch beginnen konnte griff jedoch eine Gruppe maskierter Männer gewaltsam ein, viele davon mit der traditionellen Kopfbedeckung „Ak-Kalpak“, und zerrissen die Transparente der DemonstrantInnen.
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„Der Angriff geschah sehr schnell, als die Männer in den Kalpaks begannen alles um sie herum zu zerstören. Die Polizei beobachtete das erst und nahm dann nicht die Angreifer fest, sondern die Leute, die zu dem friedlichen Marsch gekommen waren“, erzählt Begimai Bekbolotowa, die zu dem Zeitpunkt gerade ankam. „Ich rannte herüber, um zu helfen, rief Juristen an und wurde dann selbst durch drei Polizisten festgenommen, und mein antipatriarchales Plakat wurde vor meinen Augen zerrissen“.
Neben Begimai wurden noch etwa 70 weitere DemonstrantInnen festgenommen und in die zuständige Polizeistelle gefahren, so die Berichterstattung des Online Mediums Kloop.kg, das die Geschehnisse live verfolgte. Die Angreifer blieben unbehelligt, während eine Gruppe älterer Frauen die Ordnungskräfte auf TeilnehmerInnen des Marsches verwies.
Polizeistelle als Demonstrationsort
Es folgten teils triste, teils skurrile Szenen aus der Polizeistelle, die prompt zum neuen Demonstrationsort wurde. DemonstrantInnen skandierten laut „Schande“ und „Lektionen in Sachen Patriarchat, Gewalt und Rechte der Polizisten“, so Kloop.kg. Als die Festgenommenen im Versammlungsraum gemeinsam die Nationalhymne einstimmten, standen auch die Anwesenden Ordnungskräfte auf.
Andererseits litten einige TeilnehmerInnen aus Wassermangel oder psychischem Druck an Schwächeanfällen. Bei der Aufnahme der Personalien wurde einer Teilnehmerin vermeintlich der Pass zerrissen.
„Die Polizisten verhielten sich aggressiv, nahmen die Plakate und Lauten weg, drängelten und beschimpften uns, manche von uns haben Prelllungen davongetragen“, so Begimai. Klare Beschuldigungen gab es nicht, aber die Polizeibeamten nahmen die persönlichen Daten aller Anwesenden auf.
Nach etwa drei Stunden wurden alle wieder freigelassen. Zehn von ihnen wurden 3000 Som (38 Euro) Strafgeld für zivilen Ungehorsam verhängt.
Uneinigkeiten zum Versammlungsrecht
Den Polizeieinsatz erklärte die Pressestelle des Ministerpräsidenten dadurch, dass die Demonstration nicht dem Bürgermeisteramt gemeldet war. Laut kirgisischer Verfassung ist eine ausbleibende Anmeldung jedoch keine geltende Grundlage, um das Recht auf friedliche Versammlungen einzuschränken.
Ein paar Tage vor dem Marsch hatte ein Bischkeker Gericht auf Antrag des Bürgermeisteramtes jegliche öffentlichen Versammlungen in der Stadt bis zum 1. Juli verboten – offiziell eine Vorsichtsmaßnahme im Kontext der Coronavirus Covid-19 Epidemie. Am 6. März nahm die Stadtverwaltung den Antrag wieder zurück, offiziell wurde das Verbot vor dem Wochenende jedoch nur in einem der vier Stadtteile aufgehoben. Der Marsch am 8. März wurde daraufhin in diesem Stadtteil geplant.
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In Osch, der zweitgrößten Stadt Kirgistans, wurde der öffentliche Marsch zum Weltfrauentag abgesagt, nachdem die OrganisatorInnen kaum verdeckte Drohungen von Polizeibeamten erhalten hatten. Die Pressestelle der Oscher Polizei gab auf Anfragen von Journalisten an, sie sei nicht über solche Drohungen informiert und würde intern dazu ermitteln.
Auch in Almaty, im benachbarten Kasachstan, wurde der Solidaritätsmarsch von den Behörden nicht erlaubt. Er fand dennoch, ohne weitere Zwischenfälle, friedlich statt.
Nationalistischer Einfluss auf die Politik
Manche der maskierten Angreifer, die den Marsch in Bischkek mitverhinderten, stellten sich als Mitglieder der nationalistischen Bewegung „Kyrk Tschoro“ (Vierzig Ritter) heraus. Diese 2010 gegründete Bewegung setzt sich offiziell für den Erhalt der kirgisischen Kultur und des nationalen Zusammenhalts ein. Sie machte erstmals 2013 und 2015 mit Razzien gegen illegale ausländische Arbeiter und gegen Prostitution auf sich aufmerksam.
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In letzter Zeit richtet sich „Kyrk Tschoro“ besonders stark gegen LGBTI- und feministisches Engagement und zeigt dabei einen gewissen politischen Einfluss. Erst im Dezember letzten Jahres trat die Direktorin des Kunstmuseums in Bischkek zurück, nachdem Nationalisten lautstark den Inhalt einer „Feminnale“-Ausstellung beanstandet hatten.

-Nur die Ruhe! Solange wir einen Ak-Kalpak und Masken tragen wird er uns nicht anrühren. Mach, was Du willst.“
Ein Comic ironisiert die wählerischen Festnahmen der Polizei am 8. März.
Der letztjährige Marsch zum Frauentag brachte aufgrund der Anwesenheit von LGBTI-Symbolen Anlass für eine landesweite Polemik. Vor dem geplanten Marsch in diesem Jahr hatte ein Vertreter der Bischkeker Stadtverwaltung erklärt, die Behörden würden dieses Jahr solche Symbole nicht tolerieren.
Auch bei anderen politischen Ereignissen wird das Thema als Schreckgespenst der Nationalisten instrumentalisiert, um ganz andere politische Forderungen zu diskreditieren. So verbreiteten zum Beispiel Online-Trolls im Kontext von Antikorruptionsdemonstrationen im Dezember 2019 Gerüchte, die DemonstrantInnen würden sich insgeheim für LGBTI-Rechte einsetzen. Auf anderen Ereignissen treten gar Provokateure mit Regenbogenflaggen auf.
Folgedemo am 10. März
Für die am Wochenende festgenommenen DemonstrantInnen ist der Zwischenfall ein weiterer Beweis dafür, dass solche Aktionen notwendig sind. „Das war eine im Voraus geplante Störung des Marsches gegen Gewalt an Frauen und es tut mir leid zu verstehen, dass die Polizei und die maskierten Angreifer auf einer Seite waren. Sie sollten mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden“, kommentiert Begimai, immer noch unter Schock.
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Aktuell hat die Polizei laut eigenen Angaben bereits fünf der am Vortag noch ignorierten Angreifer festgenommen. Weitere Ermittlungen seien im Gange. Für den 10. März ist nun ein weiterer Marsch zum Motto „#NetNasiliju“ („Gegen Gewalt“) geplant. Zusätzlich zu den ursprünglichen Losungen fordern die OrganisatorInnen Strafen für die Angreifer, eine ausführliche Ermittlung rund um die Geschehnisse und eine ausgewogene Berichterstattung durch öffentlich-rechtliche Medien.
Florian Coppenrath
Novastan.org
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Ausländerin, 2020-03-11
Eine Reisenschweinerei. Kidnapping von M$dchen, die NICHT einverstanden sind mit der Heirat ist KEINE Tradition. Die männlichen jungen Kirgisen sind total am duchdrehen, kidnappen eine nach der anderen und brüsten sich damit noch vor ausländischen Frauen.
Da das erlaubt ist, haben wir ein paar ältere Frauen uns entschlossen die Gelegenheit beim Schopf zu packen und einen Befürworter für eine Heirat zu kidnappen. Zusammenschlagen ist ja erlaubt, so werden sie wohl mit der Zeit gute Arbeitsame Ehemänner.
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